012011

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Martin Lätzel

Buchrezension: Seidel, Christian: Gewinnen ohne zu kämpfen

Seidel, Christian: Gewinnen ohne zu kämpfen. Taekwondo oder die Entdeckung der Werte.

Eigentlich ist der Titel des Buches von Christian Seidel irreführend, weil das zentrale Motiv des Buches der Kampf ist. Aber es handelt sich um die Transformation eines Kampfes, es geht um den inneren, nicht um die äußere Rivalität. Im Zentrum des Buches steht der Weg des Autors zu mehr eigenem Bewusstsein und, ja, man muss es so schreiben, obwohl es in heutigen Ohren oft abgedroschen wirkt, zu mehr Harmonie mit sich selber.

Sein Weg, der Weg eines Managers mit Burn-Out, führte über das Taekwondo, eine Kampfkunst, deren eigentlicher Sinn nicht darin liegt, einen Gegner zu besiegen, sondern mit Disziplin Körper und Geist in den Griff zu bekommen. Der Weg Seidels, Taekwondo zu lernen, macht den Reiz des Buches aus. Immer wieder kommt er auf seine Lernerfahrungen zurück, setzt sie in Beziehung mit der Veränderung sein es Lebens, die schließlich dazu führt, dass er den „alten“ Job aufgibt, um neu anzufangen.

Eine Aussteigergeschichte? Ja und nein. Insofern eine Aussteigergeschichte, da sie das in jüngster Zeit immer wiederkehrende Motiv erfolgreicher-Manager-schmeißt-seinen-Job-und-macht-etwas-ganz-anderes aufgreift und in der ihm eigenen Art erzählt. „Rückblickend“, so schreibt er, „komme ich mir vor wie ein Fischer, der seine Angel nach sich selbst auswirft – allerdings ohne Ahnung dafür, wo die fischreichen Fanggründe sind – und sie deshalb immer wieder leer herauszieht.“ (75) Gleichzeitig gelingt es dem Autor, eine Art Trias zu behandeln: Die Veränderungen in seinem eigenen Leben, die Ansprüche, die an ein wirklich postmodernes Management heute geknüpft werden sollten, und die dringenden Fragen unserer Gesellschaft bzgl. Ökologie, Konsumismus und Zeitmanagement. In der Verknüpfung mit der eigenen Geschichte wirkt das nicht aufgesetzt, sondern bekommt seinen eigenen Charme. Natürlich will Seidel deutlich machen, dass das Sein besser ist als der Schein, die Arbeit nicht das Leben ausmacht, und Ruhm und Konsum keine geeigneten Lebensziele sind.

Das mag trivial erscheinen (wiewohl, wenn es so trivial ist, fragt man sich ja doch, warum diese Art von Streben immer noch das Leben so Vieler bestimmt). In der Verknüpfung mit der asiatischen Kampfkunst aber gelingt ihm ein literarischer Kunstgriff, weil er von seinen Erfahrungen spricht, nicht als Moralapostel auftritt, und in der koreanischen Philosophie einen Referenzpunkt findet. Seidel will die Ökonomie nicht abschaffen. Er will sie über den Weg des Bewusstseins erneuern.

Der moderne Manager „muss sein Potenzial für das gesamte gesellschaftliche Geschehen erkennen, und er muss lernen, seine Aufgabe mit integerem, weitsichtigem Geist und konstruktiven, wertorientierten Ideen zu erfüllen“ (286), kurz gesagt, das Management muss eine neue Form von integrierter Verantwortung für sich und die Umwelt erkennen. Das ist ebenfalls nicht neu, aber die Häufung der Literatur zu dieser Fragestellung in den letzten fünf Jahren – im Zuge des ersten Börsencrashs 2008 – lässt die Hoffnung aufkeimen, dass sich diese Ideen langsam aber sicher durchsetzen. Sollte Taekwondo der Weg sein, sei’s drum.

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