022013

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Buchrezension: Hüther, Gerald: Kommunale Intelligenz

Hüther, Gerald: Kommunale Intelligenz. Potenzielentfaltung in Städten und Gemeinden.

Gerald Hüther ist einer der bekanntesten Hirnforscher Deutschland. Seine zahlreichen populärwissenschaftliche Publikationen und Auftritte in diversen Talkshows haben ihn einem breiten Publikum bekannt gemacht. Soeben wurde sein Buch „Kommunale Intelligenz. Potenzialentfaltung in Städten und Gemeinden“ von der Körber-Stiftung herausgegebene. Hierin nähert sich Hüther dem Thema Sozialraumorientierung aus einer ungewohnten Perspektive, nämlich mit dem Blick des Neurobiologen.

Hüther setzt sich in seinem Buch mit dem allzuoft verborgenen Potenzial von Kommunen auseinander. Darunter versteht er „eine Gemeinschaft, die es dem Einzelnen ermöglicht, sich als wichtiges und wertvolles Mitglied dieser Gemeinschaft zu erleben“ . Familie fasst er demzufolge als kleinste und älteste Existenzform der Kommune auf. Waren es zunächst Sippen, die gemeinschaftlich sesshaft wurden, so entstanden aus diesen ersten Siedlungen im Laufe der Geschichte Dörfer, Städte und Gemeinden.

Hüther beschreibt warum Kommunen aus seiner Sicht eine für das gelingende Zusammenleben der Menschen unersetzliche Funktion ausüben können. Denn Kommunen können Erfahrungsräume für den Erwerb sozialer Kompetenzen und die Herausbildung von Gemeinsinn bieten. In der Gemeinschaft der Kommune können Heranwachsende die Wertschätzung, die sie brauchen um mit den Herausforderungen der modernen Welt zurecht zu kommen, erfahren.

Doch ist aktuell eher zu beobachten wie die zusammenhaltenden Kraft verwandtschaftlicher Beziehungen sich mehr und mehr auflöst und emotionale Bande, die das dörfliches oder städtisches Zusammenleben ermöglichen, zunehmend erodieren. In Hüthers Augen entwickeln sich Kommunen mehr und mehr zu reinen „Besitzstandwahrungsgemeinschaften“. Die allgemein verbindenden, gemeinsamen Interessen geraten mehr und mehr aus dem Blick. Die Emotionale Bindungen innerhalb der Kommunen lösen sich auf. Hüther beschreibt, welche neuronalen Auswirkungen diese Entwicklungen für den einzelnen Menschen, aber auch für das gemeinschaftliche Zusammenleben haben können.

Deshalb fordert er dazu auf, das verborgene Potenzial in Städten und Gemeinden zu entfalten. Unter dem Stichwort „Kommunale Intelligenz“ regt er an, den von ihm postulierten „wahren Schatz der Kommune“ zu heben. Es gelte, die Begabungen und Talente der in die Gemeinschaft hineinwachsende Kinder und Jugendlichen zu entdecken und zu entfalten. Die Vitalität einer Gemeinschaft hängt nach Hüther zukünftig immer stärker davon ab, ob es gelingt, die unterschiedlichen Talente und Begabungen der einzelnen zu fördern und für das Gemeinwohl nutzbar werden zu lassen. Kommunen könnten zu einem Erfolgsmodell einer individualistischen Gemeinschaft werden.

Unter der Überschrift „Community Education“ stellt Hüther im letzten Kapitel seines Buches Ansätze und Strategien zusammen, wie es Kommunen gelingen kann, eine Potenzialentfaltungskultur herauszubilden. Er beschreibt, wie Community Education dazuführen kann, eine neue Lern- und Beziehungskultur zu etablieren. Hier wird deutlich, dass Hüther zu einem Kulturwandel anstiften möchte. In einem solchen Kulturwandel sieht er den Weg, wie Kommunen, aber eben auch der einzelne, den zahleichen aktuellen Herausforderungen begegnen kann.

Hüther ist ein anregendes und leicht verständliches Buch gelungen. Insbesondere für den Bildungsbereich aber auch für Sozialraum orientierte Projekte lassen sich hier wichtige Impulse und hilfreiche Anregungen finden. Spannend ist die große Kompatibilität, die Hüthers Ansatz als Neurobiologe wenn auch in anderen Sprachspielen zu aktuellen theologischen Konzepten einer Charismen orientierten Ermöglichungspastoral bzw. Berufungspastoral hat.

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