022013

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Buchrezension: Sellmann, Matthias (Hg.): Gemeinde ohne Zukunft?

Sellmann, Matthias (Hg.). 2013. Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatte und praktische Modelle. Freiburg im Br. Herder.

Schon längere Zeit wird in der Pastoraltheologie die These vertreten, dass die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entwickelte Gemeindetheologie durch die aktuellen gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklungen an ihr Ende gekommen ist. In der Herder Buchreihe THEOLOGIE KONTROVERS ist von Matthias Sellmann unter dem Titel „Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatte und praktische Modelle“ ein sehr lesenswerter Band zu diesem Themenkomplex erschienen.

Die profilierten Pastoraltheologen Rainer Bucher, Andreas Wollbold, Herbert Hasslinger und Norbert Mette diskutieren im ersten Teil über ein zukunftsweisende Gemeindetheologie. Dabei ist „diskutieren“ durchaus wörtlich zu nehmen. Denn von diesen Autoren liegen jeweils drei Beiträge vor. In einem ersten Beitrag stellen die Autoren ihr eigenes Gemeindeverständnis dar. In ihren zweiten Beiträgen reagieren Sie auf die Beiträge der Kollegen und hinterfragen Sie kritisch. Den dritten Beitrag nutzen Sie jeweils, um ihren eigenen Lerngewinn aus der schriftlich geführten Debatte zu reflektieren. So klären sich Positionen.

Bucher erarbeitet Perspektiven einer Sozialform der Kirche nach dem von ihm behaupteten Scheitern der Gemeindetheologie. Wollbold hinterfragt die (als Gemeinde bildend behaupteten) kirchlichen Grundvollzüge Liturgie, Verkündigung, Diakonie. Haslinger erarbeitet eine Gemeindetheologie, die die „diakonische Verausgabung“ von Gemeinden in den Mittelpunkt rückt und als primäre Funktion von Gemeinde beschreibt. Mette sieht im Gemeindebegriff ein (noch) nicht eingelöstes Vermächtnis des Zweiten Vatikanischen Konzils, dem eine hohes emanzipatorisches Potential zu eigen ist.

Es wird deutlich, auf welchen Grundlagen (mal eher wissenschaftstheoretisch, mal eher theologisch, mal eher soziologisch) die jeweiligen Autoren ihre Position entwickeln und warum sie ihre je eigenen Akzente setzen.

Besonders interessant wird dieser Teil des Buches aber da, wo die vier Autoren in eine kritisch würdigende Auseinandersetzung mit den Positionen der anderen treten. Hier zeigt sich, dass es trotz mancher inhaltlicher Übereinstimmung aktuell keine allgemeingültige Theorie der Gemeinde von morgen gibt. Dennoch werden Tendenzen und Hinweise erarbeitet, die für eine pastoral der Zukunft wegweisend sein werden.

Im zweiten Teil des Buches werden „Stellschrauben möglicher Veränderung“ auf Ihr Veränderungspotential hin abgeklopft. Sieben Expertinnen bzw. Experten schlagen hier jeweils eine Handlungsanweisung aus, über die ihrer Meinung nach die Zukunft von „Gemeinde“ gesichert werden kann. Thematisiert wird die neue Bedeutung von ehrenamtlichen Engagement ebenso wie die Entwicklung einer Gemeindeleitung neuen Typs. Vorgeschlagen wird die Etablierung neuer Gemeindeformen und -ideen und anderes mehr.

Ein Abschließender Beitrag von Matthias Sellmann rundet das Buch ab. Sellmann versucht darin eine Synopse der Beiträge des Buches. Sellmann beschreibt 6 Ressourcen, aus denen die Gemeinde der Zukunft schöpfen kann. Allein dieser Beitrag ist höchst lesenswert und anregend.

 

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