022022

Foto: Umsteuern! RobinSisterhood e.V.

Statements

Maria Mesrian

Umsteuern! RobinSisterhood e.V.

„Das ist menschenverachtend und ich möchte, dass das aufhört!“ Monika Schmelter von „Out in Church“ hat im Film „Wie Gott uns schuf“ diesen Satz über die Diskriminierungsstrategien der Amtskirche geprägt.

Das kalte, menschenverachtende Angesicht der römisch-katholischen Hierarchie zeigte sich mir im Oktober 2020 als Rainer Maria Woelki, der Kardinal von Köln, zusammen mit seinen Anwälten und Beratern bekannt gab, dass er das Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl, Spilker und Wastl mit der Zustimmung des Betroffenenbeirats nicht veröffentlichen werde. Ohne das Gutachten der Münchner Kanzlei zu kennen, wurden die Betroffenen in einer mehrstündigen Sitzung mit Spitzenanwälten über die angeblichen äußerungsrechtlichen und methodischen Mängel informiert und davon „überzeugt“, dass die für Oktober geplante Veröffentlichung verhindert werden muss. Für Kardinal Woelkis Absichten ein vermeintlich geschickter Schachzug: Mit der Zustimmung der Betroffenen von sexualisierter Gewalt an seiner Seite würde niemand die Richtigkeit und Lauterkeit dieser Entscheidung anzweifeln. Allerdings hatten der Kardinal und seine Berater nicht mit dem Mut und der Aufrichtigkeit einiger Menschen in diesem Kreis gerechnet: Drei Mitglieder des Betroffenenbeirats erkannten das falsche Spiel und erklärten ihren Austritt aus dem Gremium. Der Beirat war nicht mehr handlungsfähig.

Das zu tun, was Kirche nicht leistet: Den von sexualisierter Gewalt betroffenen und den diskriminierten Menschen zur Seite zu stehen und zusammen mit ihnen starke Lobby für Gerechtigkeit zu sein.

Als Maria 2.0 Gruppe stellten wir uns sofort an die Seite der Betroffenen sexualisierter Gewalt und stehen dort bis heute. Aus diesem intensiven Engagement wurde die Idee für umsteuern! Robinsisterhood geboren: Das zu tun, was Kirche nicht leistet: Den von sexualisierter Gewalt betroffenen und den diskriminierten Menschen zur Seite zu stehen und zusammen mit ihnen starke Lobby für Gerechtigkeit zu sein.

Wir möchten, dass das menschenverachtende Tun und Unterlassen aufhört. Mit umsteuern! Robinsisterhood fängt etwas Neues an. Das Besondere dabei: Wir arbeiten Hand in Hand. Wir lernen gegenseitig Tag für Tag voneinander. Das erzeugt eine umfassende Expertise und eine unglaubliche Energie.

Für uns gilt eine Perspektive und das ist die Perspektive der Betroffenen. Daraus ergibt sich nur eine Option: Das Schweigen brechen und aufstehen für Gerechtigkeit.

Wir erleben eine große Solidarität außerhalb der „katholischen Bubble“. Menschen, denen christliche Werte wichtig sind, die selbst schon schlechte Erfahrungen mit der Institution gemacht haben, die aus der Kirche ausgetreten sind, aber durchaus auch positive Erfahrungen in der Jugend gemacht haben, sind begeistert von der Idee und unserer Arbeit.

Seit der Gründung unserer Beratungsstelle Leuchtzeichen, die von einer hauptamtlichen Kraft und vielen (aber nie genug) Ehrenamtlichen getragen wird, erleben wir einen hohen Bedarf an Beratung, Austausch und Vernetzung . Uns erreichen viele Anfragen von Betroffenen. Für einige ist das Engagement im Verein eine befreiende Erfahrung, selbst aktiv zu werden.

Am Beginn meines Engagements bei Maria 2.0 hatte ich noch die Hoffnung, dass sich die Institution wandeln könnte. Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass sich die klerikale Machtelite von sich aus nicht ändern wird.

Am Beginn meines Engagements bei Maria 2.0 hatte ich noch die Hoffnung, dass sich die Institution wandeln könnte. Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass sich die klerikale Machtelite von sich aus nicht ändern wird. Die „Klerikerkirche“ hat zu viel Macht und Vermögen als dass man sie sich selbst überlassen sollte. Deshalb ist eine starke Opposition wichtig. Katholikinnen selbst müssen demokratische Standards, die Achtung von Menschenrechten und das Ende jeglicher Diskriminierung einfordern. Zentral ist dabei die Frage: Wem gehört die Kirche? Es ist nicht gottgegeben, dass über die Mittel nur geweihte Männer entscheiden. Die Kirchen „gehören“ nicht den Klerikern. Wohin eine unkontrollierte Macht über Vermögen führen kann, ist in Köln derzeit zu bestaunen. 2,8 Millionen Euro für Anwälte und Kommunikationsberater, hohe Millionenbeträge für eine fragwürdige Hochschule, die zum „pastoralen Schwerpunkt“ umetikettiert wurde, um sie an allen Gremien vorbei zu installieren. Das muss aufhören! Auch die Rolle des Staates muss hinterfragt werden. Ist es redlich, dass der Staat einer Institution, die Menschenrechte missachtet, die Straftaten über Jahrzehnte vertuscht hat, weiterhin Privilegien einräumt? Die Verflechtung von Staat und Kirche in Deutschland ist hochproblematisch. Deshalb ist es nur zu begrüßen, dass die SPD Fraktion zumindest im Landtag in NRW einen Antrag eingebracht hat, der zum Ziel hat, Aufarbeitung sexualisierter Gewalt unter staatliche Aufsicht zu stellen.

Für mich läge die Zukunft der Kirche nur im Entzug ihrer vom Staat gewährten Privilegien.

Wir beobachten in den Kirche seit Jahren einen schleichenden und in jüngster Zeit einen rasanten Zerfall. Es gibt Splittergruppen, die es sich noch in ihren Nischen „gemütlich“ machen. Allerdings wird sich in naher Zukunft nichts daran ändern, dass das immense Vermögen der römisch katholischen Kirche in den Händen einer klerikalen, immer kleiner werdenden Gruppe von reaktionären Kräften bleiben wird. Sie bestimmen mit ihrer antimodernen Haltung die Geschicke. Sie benötigen auch keine Gläubigen. Die „kleine treue Herde“ ist ihnen lieber als die kritische Mehrheit. Kirchenaustritte berühren sie nur am Rande. Für mich läge die Zukunft der Kirche nur im Entzug ihrer vom Staat gewährten Privilegien. Solange sie diese Machtposition aber inne hat, werden sich immer mehr Menschen abwenden, weil sie christliche Werte im Wirken der Hierarchie nicht mehr sehen.

Ich werde mich auch bei einem Kirchenaustritt, den immer mehr Menschen in meinem Umfeld schon vollzogen haben, nicht von diesen Themen abwenden. Es geht um Gerechtigkeit und um Menschenwürde. Das werde ich einfordern, solange ich kann. Egal ob ich Kirchensteuer bezahle oder nicht.

 

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