022019

Foto: Ester Marie Doysabas/Unsplash

Statements

Christian Schad

sine vi, sed verbo

Bitte stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Der Kirche gelingt es, sich den gesellschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen zu stellen und sie folgt dabei konsequent ihrer Botschaft.

  1. Hat sich der persönliche Umgang mit Macht seitens kirchlicher Verantwortungsträger/innen (Haltungen und Verhalten) oder die institutionellen Bedingungen von Machtausübung in der Kirche (Machtarchitektur) verändert und wenn ja, wie?
  2. Welche (alternativen) Machtphänomene, -mechanismen und -verwerfungen erwarten Sie, wenn sich Machtstrukturen, Haltungen und Verhalten tatsächlich in der von Ihnen beschriebenen Weise verändern werden?

Vertrauen kann Kirche in Zukunft nur zurückgewinnen, wenn sie ihre Macht aus der Ohnmacht Gottes bezieht und ihr Mut von Demut gekennzeichnet ist. Mächtig wird das Evangelium immer dann, wenn Kirche den Menschen dient und die frohe Botschaft in deren Alltag relevant wird.

Was bisher meine theologische Existenz geprägt hat, bleibt für mich gerade auch angesichts der gegenwärtigen Transformationsprozesse der Leitgedanke schlechthin – nämlich der reformatorische Grundsatz „sine vi, sed verbo“: „nicht mit Gewalt, sondern durch das gewinnende, überzeugende Wort“. Entsprechend liegt mir daran, Räume zu eröffnen, in denen Differenzen fair ausgetragen werden können, um sie konstruktiv aufeinander zu beziehen. Alle Führungskräfte haben dabei das Thema „Macht“ im Blick zu behalten. Ich halte viel von protestantischer Streitkultur. Aber gerade in Konflikten muss der eine Geist erkennbar bleiben und das gemeinsame Fundament bejaht werden. Das gilt sowohl innerhalb der Kirche, als auch im Gespräch mit der Politik und anderen gesellschaftlichen Akteuren.

Gerade in Konflikten muss der eine Geist erkennbar bleiben und das gemeinsame Fundament bejaht werden.

Wenn Kirche „mächtig“ ist, dann so: Dem Evangelium treu, den Menschen nahe, der Zukunft zugewandt; dass sie „Kirche mit anderen“ und „Kirche für andere“ ist. Dazu ist es notwendig, sich in die Not der Menschen einzufühlen, ihr Leid und ihre Verletzlichkeit zu sehen. Dies gelingt nur, wenn wir selbst den Mut haben, unsere eigene Verletzlichkeit zu zeigen und die Unterstützung durch andere anzunehmen. Das konterkariert – im Zeichen des Kreuzes – Absolutheitsansprüche und Anwandlungen von Perfektion.

Im Zutrauen auf die Kraft unserer eigenen Traditionen – und nicht im Zurschaustellen unserer angeblichen Macht – werden wir in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft das Orientierungspotenzial des christlichen Glaubens deutlich und sichtbar profilieren. Die Impulse dazu werden, reformatorisch verstanden, vom „Priestertum aller Getauften“ ausgehen. Wir brauchen verstärkt mündige Christinnen und Christen, die Brücken bauen; die Menschen ansprechen, die der Kirche fernstehen. Zeigen wir dabei eine Haltung, bei der man uns auch ganz persönlich abspürt, dass wir selber von der Zuversicht getragen sind, die wir anderen weitersagen. So wird unsere Kraft gerade in der Schwachheit mächtig (vgl. 2. Korinther 12, 9).

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