012022

Foto: munshots/Unsplash

Konzept

Michael Kopatz

Ökoroutine: Wenn die Strukturen uns auffordern

Perspektiven einer ökoliberalen Politik

Über 90 Prozent finden fairen Handel sehr wichtig. Der Marktanteil für fair gehandelte Produkte liegt bei zwei Prozent.

Die Deutschen finden Klimaschutz sehr wichtig. Eine breite Mehrheit wünscht sich den raschen Ausbau von Wind- und Sonnenkraft, nur nicht vor der Haustür. Und nur Wenige sind bereit, sich persönlich einzuschränken, etwa bei den Urlaubsflügen. Rund 80 Prozent wünschen sich weniger Autos in der Stadt. Tatsächlich lässt aber kaum jemand den Wagen stehen oder schafft ihn gleich ganz ab. Im Gegenteil, allein 2021 kamen weitere 400 000 Autos auf die Straßen. Rund 90 Prozent sind angeblich bereit, wesentlich mehr Geld für Fleisch aus artgerechter Tierhaltung auszugeben. Real tun es allerdings zwei bis drei Prozent. Über 90 Prozent finden fairen Handel sehr wichtig. Der Marktanteil für fair gehandelte Produkte liegt bei zwei Prozent.

Über 30 Jahre Umweltbildung in Schulen und Universitäten, die Berichterstattung der Printmedien und aufrüttelnde Dokumentationen im Fernsehen haben bewirkt, dass die Menschen bereit für den Schutz der Umwelt sind – mental.

Aber wie kann es gelingen, dass sich das Umweltbewusstsein in konkreten Handlungen entlädt, die einen Beitrag zu Klimaschutz leisten?

Die Strukturen müssen zum Klimaschutz auffordern

Die politischen Entscheidungsträger verfügen über verschiedene Instrumente, um klimafreundliche Verhaltensweisen und Konsumentscheidungen anzuregen. Wirkungsvoller als Bildungsarbeit und Kampagnen ist etwa eine Steuerung über den Preis, wie es gerade mit der CO2-Steuer versucht wird. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Diskussion über Preise ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt – mehr als es die CO2-Steuer vermocht hätte.

Der Wunsch, möglichst rasch unabhängig von russischem Öl und Gas zu werden, hat zudem die Bereitschaft für ordnungsrechtliche Veränderungen geschaffen. Sie sind ein zentraler Hebel beim Klimaschutz. In der Ökoroutine beschreibe ich dieses Instrumentarium mit den Schlüsselbegriffen Standards und Limits.

Standards

Standards sorgen dafür, dass die Waren in den Supermärkten nachhaltiger werden. Die Europäische Kommission kann Bio zum Standard machen. Nicht von heute auf morgen, aber Schritt für Schritt, müssten Hersteller dann dafür sorgen, dass die Verpackungen weniger und zugleich umweltfreundlich werden, sich im Kreislauf führen lassen. Es wäre naiv zu glauben, dass Plastikmüllberge allein durch Aufklärungskampagnen schrumpfen werden. Ein wirkungsvoller Standard wäre hier zum Beispiel, wenn es Getränke nur noch in Pfandflaschen zu kaufen gibt.

Es gibt bereits unzählige Standards, meist in Form von Verordnungen, etwa in der Landwirtschaft. Beispielsweise hat die EU-Kommission die Vorgaben für den Auslauf von Legehennen deutlich angehoben. Zumeist haben das die Kunden gar nicht realisiert. Vorgaben, etwa für den Auslauf in Schweinställen, kann die EU im Rahmen eines Agrarwendefahrplans nach und nach anheben. Im Ergebnis hätten wir 100% Bio für alle. Eigentlich ganz einfach. Für die Landwirte ist nur wichtig, dass alle Kollegen in der EU dieselben Vorgaben einhalten müssen.

Es geht um Fairness im Wettbewerb. Die Hersteller von Mobiltelefonen werden sich vermutlich nicht darüber freuen, wenn die Politik eine Garantiezeit von vier Jahren beschließt. Wichtig ist aber, dass alle Wettbewerber mit den gleichen Vorgaben umgehen müssen. Ähnliche Standards könnten man in Hinblick auf die Produktionsbedingungen machen. Das kurz vor Beschlussfassung entkernte Lieferkettengesetz geht in diese Richtung.

Maßgeblich ist, dass alle in die EU eingeführten Produkte unsere Standards einhalten. Darum geht es gerade auch bei der Diskussion um den Klimazoll. Stahl aus China könnte dann gegebenenfalls mit einem Zoll belegt werden, wenn dessen CO2-Rucksack wesentlich höher ist.

Elektrogeräte, Häuser und Autos wurden effizienter, weil man die gesetzlichen Standards schrittweise erhöht hat. Beispielsweise hatten unsere Geräte im Wohnzimmer häufig einen Stromverbrauch von 20 Watt, wenn sie scheinbar ausgeschaltet waren. Die Standby-Verordnung der EU hat den Maximalverbrauch auf 0,5 Watt begrenzt. Von den eingesparten Stromkosten profitieren 500 Millionen Konsumenten in der Europäischen Union.

Der Gesetzgeber nimmt die Produzenten in die Pflicht, anstatt sich in wirkungslosen Beschwörungsformeln über strategischen Konsum zu ergehen.

In der gleichen Form geht der Gesetzgeber für dutzende Produkte vor und nimmt die Produzenten in die Pflicht, anstatt sich in wirkungslosen Beschwörungsformeln über strategischen Konsum zu ergehen. Kühl- und Gefrierschränke – meist die größten Verbraucher im Haushalt – sind nur noch in gehobenen Effizienzklassen zu haben. Die Konsumenten kaufen super sparsame Geräte, ohne sich bewusst dafür zu entscheiden. Und das gilt für den gesamten europäischen Wirtschaftsraum. Die billigen Stromfresser dürfen nicht mehr verkauft werden.

Die vielgerühmte Faktor-4-Pumpe für die Zirkulation des Heizungswassers spart im Jahr locker 600 Kilowattstunden und wurde dennoch nur von ambitionierten Handwerkern empfohlen. Nun ist die Spitzentechnologie Standard und weder Handwerker noch Bauherren müssen sich darüber den Kopf zerbrechen. Inzwischen wird bei den neuen EU-Verordnungen sogar die Haltbarkeit bedacht, wie etwa beim Staubsauger. So können wir höchste Energie- und Ressourceneffizienz schrittweise zum Standard für alle machen und Öko zur Routine. Die EU verfolgt diese Strategie bereits seit vielen Jahren mit zunehmender Konsequenz.

Den womöglich größten Beitrag zum Klimaschutz haben die Energiestandards für Neubauten geleistet. Die Anforderungen für Gebäudeeffizienz haben sich schrittweise verschärft. Maßgeblich ist derzeit die Energieeinsparverordnung von 2014. Neubausiedlungen müssen ab 2021 nahezu den Nullenergiehaus-Standard erfüllen. So wird Öko zur Routine und alle machen mit.

Es ist tatsächlich so, dass Menschen, die ein Haus bauen, eher selten klimafreundlicher bauen, als es der Gesetzgeber vorsieht. Eine Solaranlage für Warmwasser ist den Leuten meistens zu teuer, wichtiger sind da Küche, Bad und ein schöner Holzboden. Das hat sich nun geändert. Solaranlagen werden nun von Beginn an einkalkuliert, weil es das Gesetz vorschreibt.

Doch der Neubau macht nur rund ein Prozent der vorhandenen Gebäude aus. Viel wichtiger ist es also, die vorhandenen Gebäude besser zu dämmen. Noch weniger als beim Neubau sind die Eigentümer von älteren Häusern daran interessiert, den Energieverbrauch zu verringern, besonders Vermieter haben daran kaum Interesse. Sie zahlen ja nicht die Heizrechnung. Die Ampelregierung hat nun vor, das zu ändern.

Weil das als Anreiz nicht ausreicht, ist es notwendig, dass der Gesetzgeber die Standards anhebt, quasi rückwirkend. Beispielsweise verlangt die Energieeinsparverordnung, dass Öl- und Gasheizkessel, die älter als 30 Jahre sind, ersetzt werden. Die Schornsteinfeger kontrollieren die Umsetzung. Ab 2025 sollen nach dem Willen der Ampelkoalition gar keine Öl- und Gasheizungen verbaut werden. Geht dann ein Gaskessel kaputt, bleiben nur noch Alternativen wie etwa eine Wärmepumpe.

Und gerade arbeitet die EU-Kommission an einer Richtlinie, damit besonders alte, ineffiziente Häuser sparsamer werden. Die laut Gebäudeenergieausweis geltende Effizienzklasse werden die Eigentümer demnach anheben müssen.

Standards entlasten die Menschen im Alltag. Sie gehen stillschweigend davon aus, dass die Häuser stabil genug sind und das Wasser sauber ist. Ganz banal zeigt sich das schon auf dem Weg zur Arbeit: Der Wecker ist sicherheitstechnisch geprüft, die Kleidung darf bestimmte Schadstoffe nicht beinhalten, ebenso der Kaffee. Dessen Packung ist standardisiert, wie auch die Kennzeichnungen über die Zutaten und Nährstoffe auf dem Toastbrot. Das Auto wurde nach ISO-Norm hergestellt. Die Produzenten beachten unzählige staatliche Vorgaben, welche sie zumeist mit anderen Unternehmen und der Regierung abgestimmt haben. All das wird selten als Zwangssystem empfunden, es ist Routine.

In der Praxis der Energieberater zeigt sich deutlich, wie effektiv und entlastend es ist, wenn sich durch Standards und Regeln die Routinen ändern. In den 1990er Jahren kreisten die Beratungsgespräche zu einem Gutteil um die Fragen, warum es überhaupt sinnvoll sei, den Niedrigenergiehaus-Standard zu bauen, dicker zu dämmen als durch Wärmeschutzverordnung vorgeschrieben oder einen Brennwertkessel zu wählen und warum man sich das leisten sollte. Es ging also kaum voran und wir haben viel Zeit verloren, weil man gesetzliche Vorgaben vermeiden wollte. Doch inzwischen geht die Bundespolitik mutiger und entschlossener vor.

Abbildung 1: Infrastrukturelle Innovationen sorgen dafür, dass Pendler mit Bussen und Bahnen schneller sind als mit dem Auto, etwa indem eine bestimmte Spur für Busse reserviert wird. Foto: Kopatz

Unsere Mobilitätsgewohnheiten und der automobile Expansionsdrang sind Deutschlands größtes Hemmnis beim Klimaschutz. Hier wie auch sonst gilt das Leitbild „Verhältnisse ändern Verhalten“.

Standards werden auch den Wandel unserer Mobilitätskultur initiieren. Und das ist auch dringend nötig. Denn einzig der Verkehrsbereich hat in den letzten zwei Jahrzehnten keinen Beitrag zum Klimaschutz erbracht. Unsere Mobilitätsgewohnheiten und der automobile Expansionsdrang sind Deutschlands größtes Hemmnis beim Klimaschutz. Hier wie auch sonst gilt das Leitbild „Verhältnisse ändern Verhalten“.

Wie bei den Kühlschränken und Häusern geht die Europäische Union auch bei Automobilen vor. Die Hersteller müssen den Kohlendioxid-Ausstoß ihrer verkauften Fahrzeuge im Durchschnitt Jahr für Jahr reduzieren. Es ging mal los mit 135 Gramm je Kilometer, jetzt sind es 95 Gramm und bis 2030 60 Gramm. Die Automobilindustrie arbeitet nun intensiv daran, den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge zu verringern. Allerdings muss der Gesetzgeber nachlegen und die Standard auf 0 Gramm angeben, um die Klimahitze zu bremsen.

Statt nur mit moralischen Appellen von den Konsumenten das „richtige“ Verhalten einzufordern, ist es viel effektiver, die Produktion zu verbessern.

Wie die Automobilindustrie dieses Ziel erreicht, darüber muss sich die Politik nicht den Kopf zerbrechen. Darum kümmern sich die Ingenieure. Statt nur mit moralischen Appellen von den Konsumenten das „richtige“ Verhalten einzufordern, ist es viel effektiver, die Produktion zu verbessern.

Steigende Standards für zukunftsfähige Mobilität manifestieren sich auch in infrastrukturellen Innovationen. Es muss einfacher und cleverer sein, mittels Nahverkehr oder Fahrrad in die Stadt zu fahren. Wenn die Planer eine Pkw-Spur in einen Busstreifen verwandeln und Vorrangschaltungen für Busse einführen, wird Autofahrern die neue Option drastisch bewusst und sie steigen zumeist genau dann in den Bus um, wenn sie ihr Ziel damit schneller erreichen. Es muss sich besser anfühlen, sich klimafreundlich fortzubewegen.

Ähnliches gilt für Radschnellwege. Dafür werden die Planer auch mal Parkstreifen in Radwege umwandeln. Nach und nach ist in den Städten der Rückbau von Parkplätzen notwendig. Heute erreicht man mit dem Auto zügig die Innenstadt und findet einen vergleichsweise kostengünstigen Parkplatz. Wenn sich dieser Trend umkehrt, weil man nach und nach die Parkplätze zurückbaut und verteuert, ändern die Menschen ihre Mobilitätsgewohnheiten. Das zeigen die Erfahrungen in vielen Städten Europas.

Die Transformation von der autogerechten zur menschengerechten Stadt realisiert sich nicht durch Absichtserklärungen und moralische Appelle, sondern durch gute Strukturen, die uns zu Verhaltensänderungen auffordern.

Limits

Oft geht es darum, etwas besser zu lassen, als es besser zu machen.

Limits wiederum können das Wachstum von besonders klimaschädlichen Produkten und Dienstleistungen stoppen. Beispielsweise fliegen die Deutschen schon sehr viel. Es darf nicht noch mehr werden, darin sind sich alle Klimaexperten einig. Mein schlichter Vorschlag: Wir limitieren die Starts und Landungen auf das gegenwärtige Niveau. Ganz einfach. Was müsste die Bundesregierung dafür tun? Nichts! Wenn der Bund keine weiteren Lizenzen für Starts und Landungen vergibt, wenn München und Hamburg ihre Flughäfen nicht erweitern, dann wir das Limit automatisch erreicht. Oft geht es darum, etwas besser zu lassen, als es besser zu machen.

Zudem gilt es, den Straßenausbau zu beenden. Auch diese simple „Maßnahme“, die eigentlich Tatenlosigkeit erfordern, also nicht weiter zu planen und Aufträge an Straßenbauunternehmen zu vergeben, würde die weitere Zunahme des Straßengüterverkehrs begrenzen. Wenn überhaupt, sollte weiteres Wachstum nur noch auf der Schiene stattfinden. Die Bahn fährt schon heute zu weiten Teilen mit grünem Strom. Durch einen Straßenbaustopp würden pro Jahr einige Milliarden Euro frei, um die Bahn zu stärken. Viele denken, das ist ja ein ziemlich radikaler Vorschlag, doch das ist genau der Punkt, an dem sich zeigt, wie ernst es der Politik mit dem Klimaschutz im Sektor Verkehr ist. Das offizielle Ziel lautet -40% bis 2030, erreicht wurde bisher 0%. Wie man hier bis 2045 klimaneutral werden will, wenn noch tausende Kilometer Bundesstraßen gebaut werden und besonders der Güterverkehr permanent wächst, kann niemand plausibel erklären.

Die ökomoralisch richtige Einstellung der Menschen ernst zu nehmen bedeutet, veränderte Regeln und Limits einzuführen. Dem Einzelnen mag es schwerfallen, auf einen Flug zu verzichten. Und warum sollte ein Spediteur aufhören zu wachsen? Davon profitiert doch nur die Konkurrenz. Die Unterlassung des Ausbaus der klimaschädlichen Infrastruktur schafft einen gesellschaftlichen Rahmen für den Klimaschutz.

Heuchelei?

Darf man so krasse Forderungen nach einem Limit für den Flugverkehr erheben, wenn man selbst regelmäßig ins Flugzeug steigt? Manche übertreiben es ganz bewusst mit ihren moralischen Forderungen und Vorwürfen. So mussten sich die Fridays for Future-Demonstranten häufig anhören, sie würden doch wohl auch noch mal fliegen wollen. Für den Klimaschutz demonstrieren dürfte demnach nur, wer sich in radikale Askese begibt und quasi alles richtig macht.

Die Kritik der persönlichen Lebensführung lenkt von prominenten Akteuren von der Bedeutung systemischer Veränderungen ab.

Der Heuchelvorwurf wird von Lobbyisten und Reformgegnern systematisch eingesetzt, um die Position der Klimabewegung zu schwächen. Man will die Glaubwürdigkeit etwa von grünen Politikerinnen beschädigen. Zudem lenkt die Kritik der persönlichen Lebensführung von prominenten Akteuren von der Bedeutung systemischer Veränderungen ab. Also, statt: „Wir brauchen politische Vorgaben für klimafreundliche Autos“ sollen die Menschen lieber über „jeder kann bei sich selber anfangen und sein Auto auch mal stehen lassen“ diskutieren.

Es geht nicht darum, dass jeder Einzelne für sich verzichtet, sondern dass die Gesellschaft sich begrenzt. Und das geht nur auf politischem Wege, anders gesagt, genau dafür ist Politik da.

Es geht nicht darum, dass jeder Einzelne für sich verzichtet, sondern dass die Gesellschaft sich begrenzt. Und das geht nur auf politischem Wege, anders gesagt, genau dafür ist Politik da. Das ist das Wesen unserer Demokratie. Es ist also überhaupt gar kein Widerspruch, vormittags gegen den Ausbau eines Flughafens zu demonstrieren und dann nachmittags in ein Flugzeug zu steigen. Die Vermeidung des Ausbaus sorgt dafür, dass der Flugverkehr nicht weiter zunimmt, ganz unabhängig von persönlichen Reiseplänen, die Demonstranten eingeschlossen.

Man muss nicht in Askese leben, um sich für den Klimaschutz und die Interessen unserer Enkel einzusetzen. Ich hatte einen Kollegen am Wuppertal Institut, der ist Mitglied bei den Grünen und fährt gerne schnell Auto. Zugleich engagiert er sich für das Tempolimit. Das ist ein Widerspruch? Nein, er hat halt keine Lust, sich auf 120 km/h einzuschränken, wenn die anderen vorbeirasen. Viele stellen sich die Frage, was bringt dann mein Verzicht? Wenn alle mitmachen, ist das für meinen Kollegen okay.

Ökoliberalismus: Selbstbegrenzung kommt nicht von selbst

Selbstbegrenzung kommt nicht von selbst. Ganz offensichtlich verzichten die Menschen nicht aus Altruismus auf ihr Auto. Das ist die Botschaft der Ökoroutine: Unsere Routinen ändern sich nur durch Strukturen, die zu klimafreundlichem Verhalten auffordern.

Solche Rahmenbedingungen manifestieren sich zumeist in Form von Gesetzen. Sie sind Voraussetzung für Freiheit. Die Geschichte der Zivilgesellschaft ist auch eine Geschichte der Entwicklung von Regeln. Sie mündete in der „Bill of Rights“ Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika und in unserem Grundgesetz. Verfassungen sichern den Bürgern im Rahmen einer freien und demokratischen Gesellschaft – auf der Basis von Grundwerten – bestimmte unveräußerliche Grundrechte zu.

Über diese unantastbaren Vorgaben hinaus ranken sich abertausende Gesetze. Neue Regeln kommen immer dann in die Welt, wenn neue Probleme entstehen. Gesellschaft verändert sich. Demgemäß sind auch die Regelwerke beständig zu überdenken und zu reformieren. Eine Reform von Regeln entsteht durch Wertewandel, zum Beispiel die Gleichberechtigung der Frau. Vom Wahlrecht bis zur Quotenregelung für Aktienvorstände, vieles basiert auf Werturteilen, die ihrerseits in Bewegung sind. Manchmal gehen die Gesetze einen Schritt vor und wieder zurück. Das Konzept Ökoroutine basiert auf Selbstverständlichkeiten demokratisch verfasster Staaten.

Tu was!

Kann man sich jetzt einfach entspannt zurücklehnen und abwarten, dass Politik Vorgaben für den Klimaschutz macht? Nein, denn es ist dem Engagement von vielen Menschen zu verdanken, die von der Politik eine zukunftsfähige Energiepolitik eingefordert haben.

Viele Reformen kommen erst dann, wenn sich Bürgerinnen und Bürger dafür engagieren.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Viele Reformen kommen erst dann, wenn sich Bürgerinnen und Bürger dafür engagieren.

Von daher ist es gut, wenn die Menschen im nächsten Winter Heizkosten sparen oder öfter auf einen Flug verzichten. Strukturell wirksamer ist jedoch politisches Engagement. Beispielsweise, indem man an einer Demonstration gegen den Ausbau eines Flughafens teilnimmt.

Die Fridays for Future-Bewegung hat nicht an die Bürgerinnen appelliert, auf Flüge und Auto zu verzichten, sondern beispielsweise eine CO2-Steuer eingefordert, also systemische, strukturelle Vorschläge gemacht.

Die Fridays for Future-Bewegung hat nicht an die Bürgerinnen appelliert, auf Flüge und Auto zu verzichten, sondern beispielsweise eine CO2-Steuer eingefordert, also systemische, strukturelle Vorschläge gemacht. Die Vertreter des Volkes haben darauf reagiert und seinerzeit sogleich das sogenannte Klimapaket überarbeitet. Und die Demonstrationen in den Braunkohlerevieren haben gewiss zum Kohleausstiegsbeschluss beigetragen. Die Reformerinnen und Reformer in der Politik finden mehr Gehör, wenn sie auf die Forderungen der Wählerinnen und Wähler verweisen können.

Es gibt viele Formen, um sich für Klimapolitik stark zu machen: einen Verein, Verband oder Initiative unterstützen, eine Petition starten oder unterzeichnen, Briefe an Politiker schreiben, Unterschriften sammeln und vieles mehr. Und natürlich kann man eine Partei unterstützen. Viele Formen des Engagements sind freudvoll, etwa bei einer Critical Mass mitfahren, einer internationalen Fahrraddemo, jeden letzten Freitag im Monat. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl und man erfährt: Ich bin nicht allein. Es gibt noch viele andere, die sich einmischen. Wer etwas tut, statt die Zustände zu beklagen, kann den Enkelkindern eines Tages erzählen: „Ich habe Widerstand geleistet und Veränderungen durch lauten Protest eingefordert.“ Das fühlt sich eigentlich ganz gut an.

futur2 möglich machen

Hinter der futur2 steht ein Verein, in dem alle ehrenamtlich arbeiten.

Für nur 20 € pro Jahr machen Sie als Mitglied nicht nur die futur2 möglich, sondern werden auch Teil eines Netzwerks von Leuten, die an der Entwicklung von Kirche und Gesellschaft arbeiten.

» MEHR ERFAHREN