012016

Foto: Jitter Buffer: physical hazard (CC BY-NC-SA 2.0), Bildausschnitt

Statements

Christoph Nötzel und Frank Reintgen

Herausforderungen annehmen

Unsere Gesellschaft ist geprägt von zahlreichen massiven Umbrüchen und rasanten Entwicklungen. Organisationen und Institutionen stehen unter dem massiven Druck, sich permanent an neue Umwelten anzupassen zu müssen. Organisationen, die dies nicht schaffen, stehen in der Gefahr, ihre Relevanz zu verlieren und werden früher oder später sterben. Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in diesen Organisationen arbeiten, wird zunehmend eine hohe Flexibilität und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen erwartet. Uns interessiert, wie Menschen mit diesem permanenten Veränderungsdruck umgehen: Wie erleben sich Menschen persönlich in der Spannung von Sehnsucht nach Sicherheit und der Lust am Neuen und Experimentieren? Was erleben sie für sich angesichts dieser gesellschaftlichen Entwicklung als größte Herausforderung? Was hilft, sich diesen Herausforderungen zu stellen?

Frank Reintgen: Wie erleben Sie sich persönlich in der Spannung von Sehnsucht nach Sicherheit und der Lust am Neuen und Experimentieren?

Christoph Nötzel: Wie wohl die meisten Menschen finde ich es gemütlicher und komfortabler, mich in sicherem und vertrautem Terrain zu bewegen. Da stoße ich auf weniger Risiken, lebe in meinem eingespielten Rhythmus, tue, was ich tun soll – wofür dann andere die Verantwortung tragen. Aber ich finde das auch langweilig. Immer nur eingespielte Handlungsmuster runterladen und wiederholen. Heute schon wissen, was ich in fünf Jahren tun werde. Und dabei an den Herausforderungen vorbei schauen, die sich mir heute stellen. Nein, ich möchte gerne meinen Teil der Verantwortung wahrnehmen. Also: Herausforderungen annehmen. Hütchen auf und los, auch wenn ich nicht genau weiß, worauf ich mich dabei einlasse. Ich habe einfach das Grundvertrauen, dass in solchen Herausforderungen Gott am Werk ist und nach mir ruft.

Kaum habe ich das eine wahrgenommen, stoße ich auf 30 andere Neuerungen. Ich muss ständig dran bleiben, mich in Neues einzudenken. Oft ist das lustvoll, manchmal aber auch mühsam. Es ist einfach keine Zeit, sich zurückzulehnen.

Außerdem: mich persönlich reizt das Neue. Es macht mir Spaß, neuen Ideen zu verfolgen. Ich genieße Veränderung und Abwechslung. Da ist Energie drin, Phantasie und Lebendigkeit. Vor allem zusammen mit anderen Menschen. Es macht einfach Spaß, zu erleben, wie miteinander spielerisch neue Gedanken geboren werden. Wie sie im Hin-und Herwerfen der Bälle Gestalt annehmen. Dann wird es aber zumeist auch anstrengend, denn irgendwie müssen die Ideen ja nun auch in die Praxis umgesetzt werden. Was als spielerischer Gedanke intuitiv rasch erfasst ist, entpuppt sich dann häufig als eine komplexe Aufgabe, wenn es an die Umsetzung in der Praxis geht.

Reintgen: Was erleben Sie für sich persönlich angesichts dieser gesellschaftlichen Entwicklung als größte Herausforderung?

Nötzel: Es ist schon unbequem, immer wieder auf neue Entwicklungen zu stoßen. Kaum habe ich das eine wahrgenommen, stoße ich auf 30 andere Neuerungen. Ich muss ständig dran bleiben, mich in Neues einzudenken. Oft ist das lustvoll, manchmal aber auch mühsam für mich z. B. bei Fragen der Digitalisierung. Es ist einfach keine Zeit, sich zurückzulehnen. Zum anderen: Das Umlenken und Umdenken unterwegs in der laufenden Prozessentwicklung. Denn selten läuft’s so wie gedacht. Das Risiko zu scheitern läuft immer mit. Der Druck ist oft hoch. Oft geht’s dabei um die Zeit. Unter Druck fällt es mir schwerer, das richtige Zeitmaß, das richtige Tempo zu finden. Ich beschleunige, statt zu verlangsamen. Ich finde nicht in den stimmigen Rhythmus, nötige kreative Gegenakzente meide ich, Unterbrechungen bleiben aus. Stress entwickelt sich – weil ich ihn mir selber mache.

Reintgen: Was hilft Ihnen, sich diesen Herausforderungen zu stellen?

Nötzel: Zum einen helfen mir Freundschaften und Gespräche dabei. Ich lebe von der Begegnung mit Menschen, denen ich vertrauen kann. Vom Gedankenaustausch. Sodann ist es die persönliche Einkehr ins Gebet, in die Stille, ins Hören auf Gott. Manchmal muss ich auch einfach raus. Spazierengehen. Auch körperlich in Bewegung kommen. Schließlich die Musik. Ich übe klassische Gitarre – und kann dabei an Modus und Tempi – und meinem Gefühl dafür – arbeiten.

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