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Foto: Wilbert Baan: WIRED: Build a Web Web 2.0 startup (CC BY-NC-SA 2.0), Bildausschnitt

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Frank Reintgen

Gut geflasht, ist halb gemobt!? Flashmobs als Chance der Unternehmenskommunikation

Scheinbar aus dem Nichts tauchen die Akteure an einem Ort auf und fallen durch das Tun der selben Handlung auf (z.B. applaudieren, singen, Nichts-Tun, …). Ebenso so plötzlich, wie die Akteure aufgetaucht sind, verschwinden sie auch wieder und lassen eine verstörte, irritierte Menschenmenge zurück.

Flasmobs kennt man von zahlreichen Videos bei YouTube. Es waren die modernen Kommunikationsmittel (Handy, Internet, web 2.0…), die diese Aktionsform überhaupt erst möglich gemacht haben. Zunächst zeichneten Flashmobs oft eher irritierende, heiter-ironische Aktionen. Immer wieder sind einzelne Flasmobs in den letzten Jahren in die Kritik geraten, weil sie nicht selten in Gewalt bzw. Vandalismus ausarteten.

Und doch werden Flasmobs gerade von NGOs, Verbänden, kirchlichen Gruppierungen und Vereinen oft genutzt, um auf kreative Art eigene Positionen in den öffentlichen Diskurs einzubringen und auf sich bzw. die eigene Organisation auf ungewohnte, nicht selten provozierende  Art, aufmerksam zu machen.

Was ist ein Flashmob?

Im Ursprung bezeichnet der Begriff „Flashmob (englisch: Flash mob; flash = Blitz; mob [von mobilis beweglich] = aufgewiegelte Volksmenge, Pöbel) einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen.“ (wikipedi.de Stand: 03.04.2012). Dabei wird eine Menschenmenge mittels moderner Kommunikationsmittel (Internet, web2.0, Handy,…) mobilisiert. Die ersten Flashmobs tauchten in Europa um das Jahr 2003 auf.

Typisch für Flashmobs ist die wie aus dem Nichts blitzartig entstehende Bildung des Mobs, das identische Handeln der Personen im Mob (z. B. applaudieren, telefonieren mit gleichen inhaltlichen Texten), und die plötzliche und völlig abrupte Auflösung nach wenigen Minuten. So schnell wie die Menschen zusammengekommen sind, löst sich ihre Gruppe vor den Augen der verdutzten Zuschauer auch wieder auf. Dieses merkwürdige Verhalten wird vor allem durch die immer schnelleren zwischenmenschlichen Kommunikationsmöglichkeiten beeinflusst und unterstützt.

Flashmobs gezielt, strategisch einsetzen

Waren Flasmobs in den Anfängen unpolitische Aktionen, so setzten schon bald unterschiedlichste Organisationen (Gewerkschaften, Globalisierungsgegner, Jugendverbände usw.) Flasmobs ein, um auf ihre Ziele öffentlichkeitswirksam hinzuweisen. Durch diese Verzweckung verlieren Flasmobs ihren spontanen Charakter und werden zu zielgerichteten Aktionen, die durchaus auch strategisch zur Selbstdarstellung und Positionierung auf dem Markt eingesetzt werden können.

Flashmobs finden in der Öffentlichkeit statt. Sie leben von Überraschungseffekten. (Scheinbar) spontane Aktivitäten sorgen für Irritation durch Musterunterbrechung. Mit ihnen lässt sich auf ein Thema, ein Problem, einen Missstand o.ä. hinweisen. Hierbei sichert der Überraschungsmoment eines Fashmobs die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Nicht selten werden Zuschauer eines Flashmobs zu Betroffenen, zu Beteiligten. Es kommt somit nicht nur zu einer rein kognitiven Auseinandersetzung mit einem Thema sondern die Zuschauer werden ganzheitlich, also auch emotional angesprochen. Somit eigenen sich Flashmobs hervorragend auf spielerische Art und und Weise, Themen und Inhalte in die Öffentlichkeit zu tragen und zum Nachdenken anzuregen.

Egal ob ein Flashmob von einer Gruppe langfristig geplant und durchgeführt wird, oder ob sich die Beteiligten tatsächlich erst am Aktionstag „spontan“ – und ohne sich unbedingt kennen zu müssen – einfinden, ein Flashmob kann neue Freiwillige für eine Sache bzw. eine Organisation ansprechen. So bietet ein Flashmob-Projekt eine gute Möglichkeit, Mitglieder und Sympathisanten von Organisationen zu aktivieren und an die Organisation zu binden.

Einen wesentlichen Bestandteil gelungener, strategisch genutzter Flashmobs stellt auch die Dokumentation dar. In der Regel wird der Ablauf des Flashmobs gefilmt, teilweise sogar (semi-)professionell neu Zusammengeschnitten und dann im Internet auf Plattformen wie YouTube dokumentiert. So wirkt der Flashmob auch nach der eigentlichen Aktion noch nach. Manchmal wird sogar rund um ein Flashmob-Projekt eine komplette Homepage gebaut, über die die Nutzer der Seite vor und nach der eigentlichen Aktion miteinander über  den Flashmob in einen Austausch kommen können.

Flashmobs können ein wichtiger Baustein im Kommunikationskonzept einer Organisation darstellen. Organisation, die Flashmobs durchführen, machen auf sich aufmerksam und präsentieren sich so, allein durch die ungewohnte Methode „Flashmob“ als modern und innovativ.

Kein Plan – kein Flashmob

Die Organisation von strategisch ausgerichteten Flashmobs erfordert ein gute Planung. Die eigentliche Aktion ist oft recht einfach umzusetzen und doch steht hinter einem gelungenem und in der Öffentlichkeit gut wahrgenommenen Flashmob eine hohe Logistik.

  • Eine Idee muss geboren bzw. eine Botschaft, die vermittelt werden soll, festgelegt werden. Dieser Punkt ist besonders wichtig, soll der Flashmob nicht einfach nur Spaß machen.
  • Ort und Zeitpunkt müssen ausgewählt werden. Dahinter steht die Frage: Wo möchte ich wann bei wem, welche Wirkung erzielen.
  • Für die Idee muss im Vorfeld geworben werden (Facebook, Google+, Mailings…), Mitstreiter müssen gefunden werden. So werden oft Personen an Flashmobs beteiligt, die nicht dem engeren Kreis der veranstaltenden Gruppe/ Organisation angehört.
  • Rechtliche Aspekte sind zu bedenken, gerade wenn Organisationen als Veranstalter von Flashmobs agieren. Die negativen Auswirkungen, die ein Flashmob haben kann, macht das Beispiel eine Flashmob in Köln im März 2012 deutlich an dem der BDKJ Köln beteiligt war (vgl. Flashmob des BDKJ Köln März 2012, Bericht hierzu im Kölner Stadtanzeiger).
  • Soll der Flashmob über den Tag hinaus Nachwirken, dann ist sicherlich auch die (Video-) Dokumentation des Flashmobs gut zu planen. Je nach Zielsetzung wird man hier auf professionelle Hilfe zurückgreifen müssen.

Beispiele: So kann es gehen…

Mit welcher Kreativität (und mit welch teilweise hohem Aufwand) Flashmobs inzwischen organisiert werden können die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen.

1) Stehen damit es weitergeht

Mitten im Weihnachtskaufrausch, eine Menschenmenge steht erstarrt im Eingangsbereich eines Kaufhauses und blockiert den Zugang. Menschen versuchen an diesen erstarrten Menschen vorbei ins Kaufhaus zu gelangen. Ihre Gesichter verraten Irritation, manchmal auch Wut. Dies ist eine kleine Szene aus einem Video, das auf You Tube zu finden ist.

Hier wir ein Flashmob gezeigt, der von der Rise up church organisiert wurde.Mit diesem Flashmob sollte ein Zeichen gegen die Hektik im Advent und der Vorweihnachtszeit gesetzt werden. Die Konsummentalität, die vom eigentlichen des Weihnachtsfest ablenkt, sollte kritisch angefragt werden.

2) Weihnachten wird in der Krippe entschieden

Die Weihnachtsthematik greift auch der folgende Flashmob auf – allerdings ging es hier im Wesentlichen um die unmittelbare Wirkung der Aktion bei den Beteiligten nd den Zuschauern selber: der Frankfurter Gospelchor beschert eine Pause vom Weihnachts-Shopping mit einem Flashmob mitten in der Frankfurter Hugendubel-Filiale. Mit dem Lied “Jesus Christ was born.” erinnert er daran, was Weihnachten wirklich ausmacht.

3) Mahl ganz anders

Das Projekt “Mahl ganz anders” bezieht sich auf Gründonnerstag als den Tag der Einsetzung des Abendmahls. Das Abendmahl sollte als Gemeinschafts- und Erinnerungsmahl ins Bewusstsein gerufen werden. Das Bild „Abendmahl“ von Leonardo Da Vinci wurde am Gründonnerstag 2011 von SchauspielerInnen an öffentlichen Plätzen in Hamburg nachgestellt.

Die Aufführung in öffentlichen Räumen unterstützt das Anliegen, das Kirchenjahr und insbesondere das Abendmahl ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Alle Mitwirkenden, die Zuschauer der Performance und die Internetnutzer waren eingeladen, in einen Dialog über das Abendmahl zu treten. Das Projekt wurde über die Internetseite http://www.mahlganzanders.de koordiniert. Hier findet sich auch die Projektdokumentation und Reaktionen auf das Projekt.

Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, dass und wie Flashmobs strategisch genutzt werden können, um eigene Themen zu kommunizieren und Öffentlichkeit über den eigentlichen Flashmob hinaus zu schaffen.

4) Plastikflaschen-Flashmob

Ein Flashmob der die Problematik des Umweltschutzes bzw. der Umweltverschmutzung aufgreift. Um auf das Problem mit den Plastikflaschen aufmerksam zu machen, hat ein kanadischer Fernsehsender einen Flashmob in Québec veranstaltet – und gewartet, bis jemand in einem Kaufhaus eine herumliegende Plastikflasche beherzt in den Abfalleimer wirft.

5) Chor/ Fahrrad Flashmob in der Brüsseler Central Station

Wie Aufwendig die Choreografie eines Flashmobs sein kann, wird an dem folgenden Beispiel deutlich. Beachtlich wie viel Beteiligte hier im Vorfeld koordiniert wurden und mit welch hohem technischen Aufwand diesr Flashmob durchgeführt und dokumentiert wurde. Das habe sich die Veranstlter sicher etwas kosten lassen! Aber der Erfolg kann sich wirklich sehen lassen.

Fazit

Flashmobs stellen für die Beteiligten eine sehr Lustvolle Aktionsform dar. Gelungen durchgeführte Flashmobs wecken die Lust auf mehr. Und Ideen für spannende, neue Flashmob-Projekte sind lang noch nicht ausgeschöpft! Wer weiß, vielleicht bekomme ich von Ihnen ja bald eine eMail mit einem Aufruf, mich an einer verrückten Aktion zu beteiligen. Oder ich werde über Facebook informiert, dass Ihre Organisation da eine große Sache organisiert. Ich würde mich freuen!

Weiterführende Links:

Wikipedia Artikel: Flashmob

Flashmob-Forum [größte deutsche Plattform für Flashmobs. Hier werden Ideen für Flashmobs gesammelt]

Die Zeit, 11. September 2003

Flash Mobs: Wenn dir plötzlich Hunderte applaudieren, Spiegel Online, 28. Juli 2003

Interview von Radio Unerhört Marburg mit dem Diplompsychologen Marc Amann zu Flashnmob als Form des (politischen) zivilen Ungehorsams. Besonders interessant für all die, die planen Flashmobs strategisch einzunutzen. Thematisiert wird unter anderem das Veränderungspotential, das in Flashmobs steckt.

Schlagworte

FlashmobSocial MediaUnternehmenskommunikationWeb 2.0

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