022016

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Konzept

Udo Lehmann

Globale Ethik oder Ethik der Globalisierung? Der integrative Beitrag der Religionen für eine gerechte (Welt-)Gesellschaftsordnung

Angesichts der öffentlichen Wahrnehmung von Religionen, wie sie durch die Berichterstattung verschiedener Medien eher kritisch vermittelt wird, erscheint die Frage nach der integrativen gesellschaftlichen Kraft von Religionen beinahe anachronistisch. Der internationale Terrorismus wird mit dem Islam in Verbindung gebracht. Der Nahostkonflikt als Territorialkonflikt ist auch eine Auseinandersetzung zwischen Anhängern des Judentums und des Islam (vgl. Senfft 2010). In Deutschland sehen sich angesichts tausender Flüchtlinge aus vorwiegend islamischen Ländern „besorgte Bürger“ in absurder Weise genötigt, das christliche Abendland verteidigen zu müssen, da sonst der Verlust nationaler Identität drohe (vgl. Schorlemmer 2016). Selbst in akademischen und etablierten politischen Kreisen wird die Frage diskutiert, ob der Islam nun zu Deutschland gehöre oder nicht (vgl. Volk 2015). Auf den ersten Blick scheinen Religionen eher zur Spaltung von Gesellschaften beizutragen statt bei einer Integration von Verschiedenheit und gerechten gesellschaftlichen Verhältnissen positive Kraft zu entfalten.

Religionswissenschaftlich sind die Abgrenzungstendenzen innerhalb und zwischen Religionen, u. a. zur Identitätsstabilisierung, und die fließenden Übergänge zum Fundamentalismus ein erforschtes Phänomen. An dieser Stelle will ich jedoch diesen religionssoziologischen Pfad nicht weiter beschreiten und auch nicht näher auf die (wichtige) Differenzierung zwischen z. B. spezifischen Strömungen im Islam und dem Christentum eingehen, was die Komplementarität mit demokratisch-zivilgesellschaftlichen Grundhaltungen betrifft (dazu z. B. Pickel 2011, 11-55 oder Krause 2012).

Auf den ersten Blick scheinen Religionen eher zur Spaltung von Gesellschaften beizutragen statt bei einer Integration von Verschiedenheit und gerechten gesellschaftlichen Verhältnissen positive Kraft zu entfalten.

Nicht zuletzt aufgrund der als ambivalent erfahrenen Dynamik von Religionen, wird immer wieder der Versuch unternommen, das gemeinsam Verbindende zwischen Religionen offenzulegen und für eine zusammenwachsende Welt fruchtbar zu machen. Verbunden wird damit die Hoffnung auf eine Befriedung internationaler aber auch innergesellschaftlicher Konflikte. Prominentestes Beispiel ist das von Hans Küng initiierte „Weltethos-Projekt“ (vgl. Küng 1990; Küng u.a. 2010). Freilich existiert daneben – genauso prominent vertreten – ein mehr pessimistischer Blickwinkel, wie ihn etwa Samuel Huntington mit seiner These vom „Kampf der Kulturen“ vertritt. In diesem „Kampf“ sind Religionen einflussreiche Protagonisten (vgl. Huntington 2002). Neben Desintegrationstendenzen, die von Religionen ausgehen können, erstarken in vielen Ländern der Welt neue nationalistische Tendenzen, die beinahe pseudo-religiöse Züge annehmen bzw. Religionen instrumentalisieren. Neben den Vereinigten Staaten von Amerika betrifft dies u. a. Europa und neuerdings auch Deutschland, wie der zunehmende Einfluss national-chauvinistischer Parteien und Bewegungen zeigt (vgl. Schorlemmer 2016). Auch dahinter verbergen sich Abgrenzungsstrategien und der Rückzug auf vermeintlich „sichere“ Identitäten in einer als unübersichtlich empfundenen Welt der Globalisierung mit ihren Individualisierungs- und Kooperationsansprüchen. Wie aber lässt sich (welt)gesellschaftlicher Zusammenhalt in einem derart auf Abgrenzung und der strikten Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremden geprägten Umfeld sicherstellen? Und wie kann es gelingen, religiöse und weltanschauliche Vielfalt und Toleranz aufrecht zu erhalten?

Ich vertrete hier die These, dass (welt-)gesellschaftliche Integration nicht primär über Religionen oder Weltanschauungen organisiert werden sollte, sondern dass hier die Etablierung gerechter Institutionen und gleicher Rechte aussichtsreicher ist.

Ich vertrete hier die These, dass (welt)gesellschaftliche Integration nicht primär über Religionen oder Weltanschauungen organisiert werden sollte, sondern dass hier die Etablierung gerechter Institutionen und gleicher Rechte aussichtsreicher ist.

Unbestritten spielen dabei auch religiöse Werte und Ressourcen eine Rolle, allerdings eingebettet in die für alle verbindliche grundrechtliche Rahmenordnung.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang vor allem die spezifische Form, in welcher moderne Gesellschaften die weitgehend anonymen Austauschbeziehungen organisieren. Dies geschieht im Gegensatz zu Face-to-Face-Beziehungen in Kleingruppen, regel- und nicht werte-integriert (vgl. Suchanek 2001, 15f.). Innerhalb und zwischen pluralen Gesellschaften lässt sich eine gemeinsame Vorstellung des guten Lebens nicht mehr kollektiv plausibilisieren und noch weniger durchsetzen. Im Zeitalter weltweiter Vernetzung dynamisiert sich dieser Prozess beträchtlich. Der säkulare, weltanschaulich neutrale Staat – und auf der nächsten Stufe die Staatengemeinschaft – stehen also vor der Herausforderung, einerseits die Bedingungen zur (friedlichen) inner- und intergesellschaftlichen Kooperation sicherstellen zu müssen andererseits aber nicht auf kollektive Verständnisse über ein gutes Leben zurückgreifen zu können. Wenn partikulare Werte und religiöse Orientierungen nicht mehr hinreichend gesellschaftsverbindend oder kooperationsstabilisierend wirken können, kommen Regeln des fairen Umgangs miteinander und für alle vorteilhafte Institutionen in den Blick. Die entsprechenden Regeln müssten zudem rechtswirksam durchsetzbar sein. Moralische Appelle, gute Ratschläge oder die Hoffnung auf die Einsichtsfähigkeit aller Menschen reichen dabei nicht aus. Es bedarf also weniger einer Appellethik als einer Institutionenethik, die auf einem funktionierenden System von Anreizen- und Sanktionen aufbaut. Im Hinblick auf die Globalisierung stehen z. B. internationale und unabhängige Gerichte auf der Agenda, die jenes Recht und jene Grundordnung durchsetzen, der sich möglichst alle aus guten Gründen verpflichtet fühlen (vgl. Noll 2011, 534). Statt nach gemeinsam geteilten religiösen Werten zu suchen, ist die Konsenssuche auf Ebene der gesellschaftlichen Interessen aller Weltbürger oder Völker erfolgversprechender.

Eine Einigung auf gemeinsame Institutionen ist der pragmatische Weg, selbst wenn man bei der Interpretation ethischer Ideale zunächst nicht vollständig übereinstimmen mag. Michael Pawlik nennt dies gar eine „sittliche Pflicht zum Pragmatismus“ (Pawlik 2009,11). Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Verständigung auf das Rechte. Auf dieser Stufe ist es zunächst unerheblich, wie Einzelne oder Gruppen oder Staaten die entsprechenden Rechte für sich selbst begründen, sei es naturrechtlich, religiös, deontologisch, utilitaristisch usw., wenn auf der anwendungsorientierten Ebene Einvernehmen hergestellt werden kann.

Begründungsebene und Anwendungsebene sind also zunächst systematisch voneinander zu unterscheiden. Freilich erfolgt die Suche nach dem Rechten implizit durch eine Rückbindung an auch religiös rekonstruierbare Werte wie z. B. Toleranz oder Rechtschaffenheit, die unabdingbare Voraussetzungen für ein friedliches, freies und gerechtes Miteinander von Gesellschaften sind. Allerdings ist die fundierende Referenzgröße der Konsenssuche nicht das partikulare Ethos sondern das gemeinsame Interesse an der Verwirklichung der anzustrebenden Ordnung (vgl. Noll 2011, 534).

Es geht darum, Normen gerechten Handelns intersubjektiv und vernunftgeleitet zu begründen, ohne auf partikulare oder gar religiöse Legitimationsmodelle zurückgreifen zu müssen.

Die dargestellte Problematik der aus der Pluralisierung hervorgehenden Dilemmata komplex-differenzierter Gesellschaften versucht die neuzeitliche Ethik und Sozialphilosophie mit den verschiedenen Formen des Gesellschaftsvertrages zu lösen. Zu nennen sind die Konzepte etwa von Thomas Hobbes (1588-1679) bis John Rawls (1921-2002). Wie bereits angedeutet, geht es darum, Normen gerechten Handelns intersubjektiv und vernunftgeleitet zu begründen, ohne auf partikulare oder gar religiöse Legitimationsmodelle zurückgreifen zu müssen (vgl. Kersting 2005).

Auf der Grundlage des universalen (Welt)Gesellschaftsvertrages mit seinen gerechten Institutionen und bindenden Gesetzen, können dann partikulare Formen des guten Lebens verwirklicht werden (vgl. Pies 2003). Dies ist nicht mit Werterelativismus, übersteigertem Individualismus, Sinnleere oder inhaltlicher Maßstabslosigkeit zu verwechseln. Die Differenzierung des Rechten von den je partikularen Formen des guten Lebens ist Frucht einer Jahrhunderte andauernden ideengeschichtlichen Debatte und teils erbitterter Auseinandersetzungen in zahllosen Kriegen und Konflikten (vgl. Noll 2011, 535). Nicht selten wird vertragstheoretischen Modellen der Gerechtigkeit von Vertretern des Kommunitarismus entgegengehalten, sie seien zu wenig auf konkrete Gemeinschaften bezogen und begründeten nicht ausreichend gruppenspezifische Plausibilitätskontexte (vgl. etwa MacIntyre 1995). Hier wird meines Erachtens die subsidiär zu strukturierende Ordnung (welt)gesellschaftlicher Integration zu wenig beachtet, wie dies etwa in der Tradition der Katholischen Soziallehre immer wieder systematisch reflektiert wird (vgl. Anzenbacher 1998, 210-220). Zudem werden die beiden Ebenen des Rechten und des Guten unzureichend differenziert. Der Kommunitarismus bietet wenig Ansatzpunkte für die Lösung des Problems der Handlungskoordination im Kontext anonymer, komplexer, kulturell und weltanschaulich höchst unterschiedlicher Gesellschaften.

Freilich bedarf die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer politischen Ordnung entgegenkommender Grundhaltungen und Motivationen, die vor allem Religionsgemeinschaften bereitstellen können, allerdings lässt sich damit die Spannung von Partikularität und Universalität nicht auflösen. Auf der Grundlage allgemein zustimmungsfähiger und interessenvermittelter Institutionen und Gesetze, können Individuen und gesellschaftliche Gruppen ihre Vorstellung von einem gelingenden Leben verwirklichen und sogar für ihre Sinnoptionen werben, soweit es mit eben diesen (etwa an den allgemeinen Menschenrechten orientierten) Institutionen und Gesetzen bzw. mit den gleichen Freiheiten der anderen Gesellschaftsmitglieder vermittelbar bleibt. Gerade hier zeigt sich ja die Hauptpointe der Idee eines Gesellschaftsvertrags und macht sie so attraktiv im Gegensatz zur Suche nach Gemeinsamkeiten im weltanschaulichen Fundus verschiedener Werte- und Religionsgemeinschaften, die dann appellativ für alle in Erinnerung gerufen werden. Die Suche nach einem konvergierenden, aus dem Ganzen herausgelösten, religiösen Kern-Ethos scheint zudem ein bedeutsames Charakteristikum religiöser Sinnsysteme zu vernachlässigen, nämlich deren ganzheitliche Prägung und kulturelle Einbettung (vgl. Pickel 2011). Einige der Herausforderungen, denen sich z. B. westliche Gesellschaften in der Auseinandersetzung mit manchen Ausprägungen des Islam gegenüber sehen, lassen sich nur unter Hinzuziehung kultureller Rückbindung und Traditionen einordnen, wie zum Beispiel die unterschiedliche Beurteilung des muslimischen Kopftuches einerseits als legitimes religiöses Bekenntnis und andererseits als patriarchalisches Unterdrückungssymbol deutlich macht (vgl. Kreß 2004).

Was darüber hinaus die im Gesellschaftsvertrag zu vermittelnden Interessen betrifft, darf nicht der verkürzende Eindruck entstehen, dabei gehe es hauptsächlich um ökonomisch-materialistische Interessen. Gemeinsam geteilte, rational begründbare Interessen können ebenso die Etablierung von Frieden, Chancengerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit usw. sein.

Es erweist sich aus systematischen und pragmatischen Überlegungen heraus also durchaus als plausibel, eine Ethik der Globalisierung einer globalen Ethik im Sinne eines globalen Ethos prozedural vorzuziehen.

Es erweist sich aus systematischen und pragmatischen Überlegungen heraus also durchaus als plausibel, eine Ethik der Globalisierung einer globalen Ethik im Sinne eines globalen Ethos prozedural vorzuziehen. Damit ist die Hoffnung auf die Etablierung eines globalen Ethos nicht aufgegeben oder gering geachtet, aber die aussichtsreicheren Voraussetzungen zur Initiierung interkultureller Kooperation gewichtet. Was einen konkreten Weltgesellschaftsvertrag bzw. dessen Vorstufen angeht, müssten aus christlich-sozialethischer Sicht vor allem die Interessen der schlechter gestellten, armen Länder Berücksichtigung finden (vgl. Benedikt XVI. 2009, Nr. 43f.). Pessimisten mögen einwenden, dass eine solche Ordnung illusorisch sei. Damit aber wird die positive Dynamik unterschätzt, die mit einer solchen Idee einhergehen kann. Als anzustrebendes Ziel fungiert sie als Korrektiv und Kompass. Eine immer gerechtere und auf Interessenausgleich hingeordnete Weltgemeinwohlordnung kann prospektiv zu einer friedlicheren weltgesellschaftlichen Integration führen von der nicht nur arme – oft durch Bürgerkriege, Terror und ökologische Verwerfungen geschwächte – Regionen profitieren sondern auch die wohlhabenden Teile der Welt. Dazu bedarf es allerdings entsprechender intermediärer Systeme und kraftvoller kollektiver Akteure, die eine solche Ordnung konsequent voranbringen. Solche Systeme und Akteure sind jedoch bis z. B. auf die Vereinten Nationen oder Organisationen wie Greenpeace noch nicht ausreichend installiert und oft auch nicht demokratisch legitimiert.

Eine immer gerechtere und auf Interessenausgleich hingeordnete Weltgemeinwohlordnung kann prospektiv zu einer friedlicheren weltgesellschaftlichen Integration führen von der nicht nur arme – oft durch Bürgerkriege, Terror und ökologische Verwerfungen geschwächte – Regionen profitieren sondern auch die wohlhabenden Teile der Welt.

Zum Schluss möchte ich das oben Erörterte noch einmal auf den Kontext Deutschlands in der gegenwärtigen Herausforderung durch Zuwanderung und Flucht verdichten. Die nach Deutschland kommenden Menschen sind gleichsam mit unserem bereits (hypothetisch) geschlossenen Gesellschaftsvertrag in Form der politischen Grundordnung konfrontiert. Auch hier sollte auf die Unterscheidung der Rechtsebene von der des individuellen guten Lebens geachtet werden. Ein Beispiel möge dies veranschaulichen: Die Respektierung der Gleichstellung von Mann und Frau in westlichen Gesellschaften ist mehr als eine „kulturelle Besonderheit“, die Menschen aus anderen kulturell-religiösen Zusammenhängen tolerieren können oder nicht, je nachdem ob eine kulturell-religiöse Überschneidung vorhanden ist, sondern hier handelt es sich um bestehendes Recht. Die Missachtung der Gleichstellung von Mann und Frau ist nicht ein religiös-weltanschauliches „Disagreement“ sondern die Beschädigung von objektiv verallgemeinerbaren Grundrechten. Eine offene, rechtsstaatlich organisierte Gesellschaft wird darauf bestehen, dass jene Regeln des Zusammenlebens, die durch Verfassung und Gesetze geschützt sind, eingehalten werden. Dies gilt freilich für alle Bürger und Bürgerinnen und nicht nur für Zugewanderte. Damit sind etwa diejenigen Gesellschaftsmitglieder angesprochen, die durch zum Teil rechtsverletzende und menschenverachtende Fremdenfeindlichkeit auffallen und somit ebenfalls die Grundwerteordnung beschädigen. Die genaue Grenze zwischen der Ebene des Rechten und der Ebene legitimer religiöser Traditionspflege im Rahmen einer individuellen Vorstellung des guten Lebens ist freilich nicht immer leicht zu ziehen. Deutlich wurde dieses Grenzziehungsproblem etwa durch die kürzlich in der deutschen Öffentlichkeit aufgeworfene Frage, ob Imame verpflichtet seien, Frauen die Hand zu reichen. Handelt es sich hier um rechtlich relevante Diskriminierung oder einen Bruch mit der Grundwerteordnung oder lediglich um eine legitime, kulturell-religiöse Partikularität, die gegebenenfalls zu tolerieren wäre (vgl. Fietz 2015)?

Die Religionen selbst sollten daran ein Interesse haben, die neuzeitliche Unterscheidung von partikularen Formen des guten Lebens einerseits und der Ebene des Rechten andererseits zu differenzieren, weil ihnen diese freiheitliche, weltanschaulich neutrale Grundordnung die Möglichkeit und den Rechtsrahmen gibt, jene Ressourcen der Nächstenliebe, Solidarität und Mitmenschlichkeit – gerade auch dem Fremden gegenüber – zu aktivieren, die eine Gesellschaft lebenswerter und humaner werden lassen. Hier entfalten sich ihre integrativen Kräfte in besonderer Weise. Gerade die christliche Religion, die durch eine von Christus selbst initiierte Universalisierung und proklamierte Gleichheit aller Menschen geprägt ist, bietet mannigfaltige Impulse zu einer immer menschengerechteren (Welt)Gesellschaft beizutragen (vgl. Söding 2011). Dies schließt zudem die Mitwirkung an der Aufrechterhaltung, gesellschaftlichen Aneignung und Fortentwicklung der freiheitlichen Grundordnung ein, die sich in der historischen Rückschau bereits durch christliche und gleichzeitig verallgemeinerbare Orientierungen inspirieren ließ (vgl. Detjen 2009, 56-59). Die innere Zustimmung zur freiheitlichen Grundordnung muss von den Gesellschaftsmitgliedern immer wieder neu erbracht werden. Sie ist keineswegs ein selbstverständliches, sich selbst reproduzierendes, Gut in der Generationenfolge. In einer globalisierten Welt ist allerdings der Kreis dieser Gesellschaftsmitglieder nicht zu eng zu fassen, sondern schließt z. B. jene mit ein, die in Europa und Deutschland temporär oder dauerhaft Schutz und ein Leben in Frieden suchen. Dabei wird sich die entscheidende Frage der Zugehörigkeit nicht am religiösen Bekenntnis sondern an der Positionierung zur freiheitlichen Grundordnung orientieren.

Literatur:

  • Anzenbacher, Arno (1998): Christliche Sozialethik. Einführung und Prinzipien. Paderborn u.a.
    Benedikt XVI. (2009): Enzyklika „Caritas in veritate“.
  • Huntington, Samuel P. (⁶2002): Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. München.
  • Detjen, Joachim (2009): Die Werteordnung des Grundgesetzes. Wiesbaden.
  • Fietz, Martina (2015): Imam verweigerte ihr den Handschlag. Klöckner fordert Gesetz zur Integrationspflicht für Flüchtlinge. In: Focus online vom 22.09.2015 (http://www.focus.de/politik/deutschland/imam-verweigerte-handschlag-kloeckner-fordert-gesetz-zur-integrationspflicht-fuer-fluechtlinge_id_4965163.html) aufgerufen am 30.06.2016.
  • Kersting, Wolfgang (2005): Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrages. Darmstadt.
  • Krause, Boris (2012): Religion und die Vielfalt der Moderne. Erkundungen im Zeichen neuer Sichtbarkeit von Kontingenz. Paderborn.
  • Kreß, Hartmut (2004): Der Streit um das Kopftuch und der Umgang mit Toleranz. In: Zeitschrift für Evangelische Ethik, 44. Jg., 88-94.
  • Küng, Hans/Leisinger, Klaus M./Wieland, Josef (2010): Manifest Globales Wirtschaftsethos. München.
  • Küng, Hans (1990): Projekt Weltethos. München.
  • MacIntyre, Alasdair (1995): Der Verlust der Tugend. Zur moralischen Krise der Gegenwart. Frankfurt a.M.
  • Noll, Bernd (2011): Wie viel gemeinsame Ethik braucht eine Weltwirtschaftsordnung? Eine historisch-genetische Annäherung. In: Ordo – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Bd. 62. Stuttgart: Lucius & Lucius.
  • Pawlik, Michael (2009): Wie allgemein sind die Menschenrechte. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. November, 11.
  • Pickel, Gert (2011): Religionssoziologie. Eine Einführung in zentrale Themenbereiche. Wiesbaden.
  • Pies, Ludger (2003): Weltethos versus Weltgesellschaftsvertrag. Methodische Weichenstellung für eine Ethik der Globalisierung = Wittenberg–Zentrum für Globale Ethik, Discussion Paper 03-3.
  • Schorlemmer, Friedrich (2016): AfD und Pegida. Was in Deutschland auf dem Spiel steht. In: Zeit online vom 21. März. (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-03/werte-deutschland-identitaet-afd-fluechtlinge-integration aufgerufen am 27.06.2016).
  • Senfft, Alexandra (2010): Wider die Kultur des Konflikts: Palästinenser und Israelis im Dialog. In: APuZ 9, 3-9
  • Söding, Thomas (2011): Die Verkündigung Jesu. Ereignis und Erinnerung. Freiburg i. Br.
    Suchanek, Andreas (2001): Ökonomische Ethik. Tübingen.
  • Volk, Thomas (2015): Welcher Islam gehört zu Deutschland? Differenzierungen in einer prominenten Debatte. In: Die politische Meinung 531, 14-20.

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