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Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Aktuelle Publikationen zum Thema Partizipation und Kirchenentwicklung

Nicht erst seit seit dem dem Wort der deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral „Gemeinsam Kirche sein“1 ist das Thema Partizipation neu auf die Tagesordnung der pastoraltheologischen Theolgie gesetzt worden. So beschäftigen sich gleich mehrere aktuelle Publikationen mit diesem Thema.

Martin Klaedtke, Daniel Rick, Jacqueline Schlesinger, Dieter Tewes (HG): Praxis Partizipation. Voraussetzungen und Wege zu einer Kirche der Beteiligung2

Nicht wenige Bistümer im deutschsprachigen Raum unternehmen zur Zeit Lernreisen auf die Philipppinen. Hier hat sich das Pastoral Institut Bukal ng Tipan einen Namen gemacht, dass im asiatischen Raum Bistümer dabei unterstützt, die Vision einer Kirche, die sich aus einer Gemeinschaft von vielen „Kleinen christlichen Gemeinden“ zusammensetzt, lebendig und wirksam werden zu lassen.

In Deutschland ist es insbesondere das „Nationalteam Kleine Christliche Gemeinschaften/Lokale Kirchenentwicklung“, dass den Prozesses der Inkulturation des pastoralen Modells der Kleinen Christlichen Gemeinschaften und einer partizipativen Kirchenentwicklung in den deutschsprachigen Kontext koordiniert und durch die Organisation von Schulungen, Seminaren, Vernetzungstreffen, Informationsveranstaltungen und Lernreisen fördert.

So fand 2015 vom 19. bis 21. November in Wiesbaden-Naurod ein Symposium statt, dass der Frage nachging, was Partizipation in und an der Kirche ist und wie dies praktisch geht. Mitveranstalter des Symposiums war neben dem „Nationalteam Kleine Christliche Gemeinschaften/Lokale Kirchenentwicklung“ auch das Bistum Limburg.

Im Nachgang dieses Symposiums ist ein Buch erschienen, das wichtige Beiträge des Symposiums sammelt und dokumentiert.

Hauptimpulsgeber des Symposiums waren Jürgen Werbick, emeritierter Fundamentaltheologe der katholisch-theologischen Fakultät der Uni Münster sowie die Pastoralkoordinatorin des philippinischen Pastoralinstitut „Bukal ng Tipan“ Estela Padille.

Jürgen Werbick setzt sich in seinem Beitrag mit der Communio Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils auseinander und leitet daraus einen kirchlichen Führungsstil ab, der auf Empowerment der getauften Christen abzielt.

Auch Estela Padille Beitrag rekuriert auf das Zweite Vatikanische Konzil. Sie gewinnt aus den Konzeilsdokumenten die Definition einer „lokalen Kirche“. Am Beispiel einer philippinischen Diözese beschreibt sie exemplarisch die Kraft, die den Basic ecclesial communities (=BEC)3 auf den Philippinen innen wohnt. Für Padille sind BECs eine geeignete Form der Inkulturation des Evangeliums an einem konkreten Ort, in einer konkreten Zeit angesichts konkreter gesellschaftlicher Herausforderungen zu ermöglichen.

Zusätzlich zu den beiden Hauptvorträgen finden sich in diesem Sammelband vielfältige Werkstattberichte und Praxiserfahrungen gesammelt, die von Versuchen und konkreten Erfahrungen berichten, die an unterschiedlichen Orten mit einer sich partizipativ verstehenden Kirche in Deutschland gemacht werden.

Abgerundet wird der Band durch die Dokumentation einer Taufgedächtnis Feier sowie die Feddbacks von Mathias Wolf, die er als Tagungsbeobachter bei der Veranstaltung einspeiste.

Der Band kann denen als Einstiegslektüre empfohlen werden, die sich mit dem durch das Bukal ng Tipan Instituts vermittelten Verständnis einer partizipativen Kirche auseinandersetzen wollen.

Elisa Kröger (Hrsg.): Wie lernt Kirche Partizipation? Theologische Reflexionen und praktische Erfahrungen4

Wesentlich breiter angelegt ist das von Elisa Kröger herausgegebene Buch „Wie lernt Kirche Partizipation“, das als zweiter Band in der Reihe “Angewandte Pastoralforschung” erscheint.5

Hintergrund dieser Publikation ist ein von Elisa Kröger begleitetes gemeinsames Projekt des ZAPs mit dem Bistum Aachen. Das Bistum Aachen sammelt schon seit Jahren Erfahrungen mit Laien die als Team Gemeinden leiten. Ziel des Projektes war es u.a. den Fortbildungs- und Untrerstützungsbedarf von den Engagierten zu erheben, die mit der Leitung von Gemeinden im Bistum Aachen beauftragt sind.6

Die 27 Beiträge dieses Bandes nähern sich aus unterschiedlichen Perspektiven dem Zusammenspiel von Partizipation und Bildung in der Kirchenentwicklung. Ein Blick auf die Gliederung der sieben Kapiteln gliedern zeigt die Vielfalt der gewählten Perspektiven:

  1. Auf dem Weg zu einer partizipativen Kirche im Bistum Aachen. Das Projekt „Verantwortung teilen“
  2. Partizipation als Herausforderung für Pastoral und Kirche – Grundlegende Zugänge
  3. III. Stimmen von freiwillig Engagierten in Leitungsteams im Bistum Aachen
  4. Von Teamkultur und Leitung über Facilitation bis zum Exposure – praktische Erkundungen
  5. Zum Zusammenspiel von Leitungsteams, Partizipation und Bildung in der Kirchenentwicklung
  6. Zwischenrufe aus Journalismus, Sport und Freiwilligenmanagement
  7. Ausblick

Das Buch bietet somit einen guten Überblick über aktuelle Diskussionsstränge im Kontext von Partizipation und Kirchenentwicklung. Neben (pastoral-)theologischen Beiträgen finden sich ebenso Artikel aus den Feldern Sozialwissenschaft, Organisationsforschung, Pädagogik, Psychologie. Zu Wort kommen Theoretiker und Praktiker aus der konkreten Arbeit vor Ort. So entsteht zwischen den einzelnen Artikeln eine anregende Spannung.

Beide Publikationen lassen aber auch deutlich werden, wie sehr Kirche mit dem Thema noch am Anfang steht. Oder anders gesagt. Im Umfeld von Kirche haben sich inzwischen Formen der Partizipation etabliert, die ein monarichich-feudal geprägtes Fühungsverständnis, wie es in Kirche nach wie vor stark wirksam ist, nicht mehr plausibel erscheinen lassen. An vielen Orten ist vieles möglich, wenn die Beteiligten  mit viel “Good-will” einen entsprechenden Rahmen schaffen. Die Frage wird sein, ob es Kirche gelingt, partizipative Strukturen einen verbindlichen Charakter zu geben und sie auch kirchenrechtlich abzusichern.

  1. vgl. http://www.dbk-shop.de/media/files_public/kcqkeqyft/DBK_11100.pdf
  2. Martin Klaedtke, Daniel Rick, Jacqueline Schlesinger, Dieter Tewes (Hrsg.): Praxis Partizipation. Voraussetzungen und Wege zu einer Kirche der Beteiligung, echter, Würzburg 2016
  3. BECs ist der auf den Philippinen gängige Begriff für das, was in Deutschland als Kleine christliche Gemeinschaft oder Basisgemeinde bezeichnet wird.
  4. Elisa Kröger (Hrsg.): Wie lernt Kirche Partizipation? Theologische Reflexionen und praktische Erfahrungen, Echter Verlag, Würzburg 2016
  5. In dieser Reihe, die von Prof Mastthias Sellmann und Dr. Martin Pott herausgegegeben wird, werden Forschungsergebnisse des ZAP (Zentrum für angewandte Pastoralforschung) veröffentlicht.
  6. Zu den verschiedenen Leitungsformen im Bistum Aachen vgl. http://gemeindearbeit.kibac.de/leitungsformen-in-pfarreien-und-gemeinden

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