012017

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Rezension – Simon Sagmeister: Business Culture Design

Kultur prägt Organisationen. Deshalb ist es wichtig, bei Organisationsentwicklungsprozessen die jeweilige Unternehmenskultur als ein wesentliches Element mit in den Blick zu nehmen. Simon Sagmeister, Gründer und Manging Director von The Culture Institut in Zürich, hat hierzu mit der Culture Map ein Tool entwickelt, dass auf der Mem-Theorie aufsetzt.

Abb. 1) Visualisierung unterschiedlicher Kulturen

Der Begriff Mem (Meme im Plural) wurde erstmals in den 70er Jahren von Richard Dawkins (Das egoistische Gen) eingeführt. Die Mem-Theorie ergänzt die Evolutionstheorie um den Faktor Kultur. Analog zu den Genen, die als Informationsträger die biologischen Möglichkeiten eines Individuums bestimmen, postulierte Dawkins Meme als Informationsträger von menschlicher Kultur. Mit Memen werden einzelne Bewusstseinsinhalte, zum Beispiel ein Gedanke oder eine Idee, bezeichnet. Ein Mem “kann durch Kommunikation weitergegeben und damit vervielfältigt werden und wird so soziokulturell auf ähnliche Weise vererbbar, wie Gene auf biologischem Wege vererbbar sind. Ganz entsprechend unterliegen Meme damit einer soziokulturellen Evolution, die weitgehend mit denselben Theorien beschrieben werden kann.”(https://de.wikipedia.org/wiki/Mem)

Auf diese Theorie aufbauend verbindet Sagmeister diese Gedanken mit systemisch-konstruktivistischen Ansätzen und Erkenntnissen der Psychologie und der Organisationswissenschaften. So beschreibt Sagmeister wie Kultur im Laufe der Geschichte der Menschheit entsteht. Darin spiegelt sich das Wissen, dass die Menschheit immer komplexere Lösungen für bestehende Herausforderungen gefunden hat. Er benennt sieben Etappen der Evolutionsgeschichte, in der sich jeweils neue Wertesysteme herausgebildet haben, die die jeweiligen kulturellen Möglichkeiten der Folgezeit stark erweitert haben. In jeder heutigen Kultur, so die Theorie, lassen sich Anteile dieser sieben Wertesysteme finden. Durch die jeweils mehr oder weniger starke Ausprägung dieser Wertesysteme lassen sich unter anderem auch Unternehmenskulturen charakterisieren und von einander unterscheiden.

Abb. 2 - Grundkonfiguration einer Culture Map

Abb. 2) Grundkonfiguration einer Culture Map

Die Culture Map (vgl. Abb. 1) ermöglicht es, diese kulturellen Organisationsmuster zu visualisieren und sie so für strategische Entscheidungen innerhalb einer Organisation nutzbar zu machen. Eine Culture Map zeigt dazu jeweils sieben farbige Hexagone (blau, gelb, grün, orange, blau, rot und violett). Jede Farbe repräsentiert dabei eines der sieben Wertesystemen (vgl. Abb. 3). So spricht Sagmeister von violetten, roten, blauen usw. Kulturen, die keinen weiteren Eigennamen haben sondern durch konkrete Beschreibungen charakterisiert werden.

Die Hexagone unterscheiden sich in der Größe. Dabei gibt die Größe der jeweilige Farbfläche Auskunft über die Ausprägung der jeweiligen Werte in der untersuchten Kultur, also: je größer das Hexagon, desto einflussreicher ist das Wertesystem im untersuchte System.

Die einzelnen Hexagone sind jeweils in der gleichen farblichen Reihenfolge entsprechend ihrer evolutionsgeschichtlichen Ausprägung von unten nach oben an einer Y-Achse ausgerichtet angeordnet. Das bedeutet, dass ein einzelner Farbwert immer die gleiche Platzierung hat (also z.B. blau immer oben). Gleichzeitig liegen die einzelnen Hexagone eher links oder eher rechts der y-Achse. Auf diese Weise wird abgebildet, dass es eher Ich-bezogene Wertesysteme sowie auf der anderen Seite eher Wir-bezogene Wertesysteme gibt.

Abb. 3) Kurzcharakteristika der Wertesysteme. Darstellung nach Sagmeister 2016

In seinem Buch beschreibt Sagmeister, wie eine Culture Map genutzt werden kann, um Organisationskulturen zu analysieren, um daraus Informationen zu generieren, die in Organisationsentwicklungsprozessen genutzt werden können. Anschaulich beschrieben werden die jeweiligen Chancen aber auch die Grenzen der jeweiligen Wertesysteme. Auf diese Weise wird u.a. auch deutlich, dass unterschiedliche Kontexte unterschiedliche Wertesystem erfordern. Die jeweilige Unternehmenskultur muss also den jeweiligen Unternehmenszielen und der Umwelt entsprechen, damit das Unternehmen erfolgreich sein kann. Die Herausforderung besteht darin, die jeweils angemessene Unternehmenskultur zu fördern und zu stärken.

Das Buch vermittelt ein anregendes Denkmodell, dass mit der Unternehmenskultur einen Aspekt in den Fokus rückt, der für nachhaltig-wirksame Changeprozesse höchst relevant ist. Wer Unternehmen weiterentwickeln möchte und Veränderungen anstoßen will, der muss der Kultur einer Organisation höchste Aufmerksamkeit widmen. Mit der Culture Map bietet Sagmeister ein hilfreiches Instrument an, das einen sehr anschaulichen Zugang zu diesem Thema vermittelt. Das Buch vermittelt nicht, wie eine konkrete Culture Map für eine Organisation generiert wird. Dennoch ist es für Menschen, die Veränderungsprozesse begleiten, höchst anregend und mit Gewinn zu lesen.

Simon Sagmeister: Buisiness Cultur Design. Gestalten Sie Ihre Unternehmenskutur mit der Culture Map, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2016

 

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