012017
Bonustrack
Armut und Gesundheit
Über uns
Der gemeinnützige Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ (A+G) wurde 1997 mit dem Ziel gegründet, die Gesundheitsversorgung sozial benachteiligter, insbesondere wohnungsloser Menschen zu verbessern.Um dieses Ziel zu erreichen, leisten wir zum Einen konkrete Hilfe für Betroffene im Mainzer Raum sowie in spezifischen Auslandsprojekten. Außerdem engagieren wir uns in zahlreichen Gremien auf kommunaler, Landes- und Bundesebene, um den Interessen der Betroffenen in der Politik Gehör zu verschaffen.
Zu unserer praktischen Arbeit gehören:
- Das Mainzer Modell zur Gesundheitsversorgung wohnungsloser Menschen vor Ort
- Die Ambulanz ohne Grenzen mit medizinischen Sprechstunden und sozialer Beratung
- Den Street Jumper, das aufsuchende Freizeit- und Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche in benachteiligten Stadtvierteln
- Den Bereich Snoezelen, ein Projekt zur Entspannungs- und Resilienzförderung von Schulkindern an der Goetheschule in Mainz
- Verschiedene Hilfsprojekte im Ausland
Grundlagen unserer Arbeit und Fakten
Der 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahre 2013 bestätigt, dass über 15% der Bevölkerung in Armut leben. Dies entspricht einer Zahl von ca. 12 Millionen Menschen. Allein 2,5 Millionen Kinder sind betroffen.
Arme Menschen sind kränker!
[Lowres. Ambulanz. Foto: Andreas Reeg, Tel: +40-171-5449247,
andreas[.]reeg[at]t-online[.]de, www.andreasreeg.de]
Arme Menschen sind kränker! – Zahlreiche Studien und Expertisen belegen, dass nach Einführung der Zuzahlungen und Eigenleistungen im Gesundheitssystem von Einkommensarmut betroffene Menschen nicht, bzw. deutlich seltener den Arzt aufsuchen. Insbesondere auch bei dringend behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Zudem können sie sich – aufgrund ihrer finanziellen Situation – notwendige Medikamente nicht besorgen. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Studie des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen aus dem Jahre 2011 zu den Überschuldungsrisiken in Deutschland: Krankheiten führen verstärkt zu Verschuldungen. So sind Krankheiten bei jeder zehnten Überschuldung der Hauptauslöser. Der Anteil stieg von 5% aus dem Jahre 2005 auf 10,5% im Jahre 2011. Bei der Gruppe der 40 – 50 Jährigen sind 19,4%, also fast jeder Fünfte, davon betroffen. Dieser signifikante Anstieg fand demnach parallel zur Einführung der Hartz IV-Gesetzgebung und den Eigenbeteiligungen sowie Zuzahlungsregelungen im Gesundheitssektor statt.
Arme Menschen sterben früher!
Arme Menschen sterben früher! Die Sterberate von Armut betroffener Menschen in unserer Gesellschaft ist deutlich erhöht. Es besteht ein Lebenserwartungsunterschied von 11 Jahren bei Männern und von 8 Jahren bei Frauen zwischen dem reichsten und dem ärmsten Viertel der deutschen Bevölkerung. 31% der von Armut betroffenen Männer erreicht nicht das 65. Lebensjahr. Armut bedeutet demnach nicht „nur“ geringere gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten, Armut bedeutet in einem der reichsten Länder der Erde früher sterben zu müssen. In diesem Kontext spielen strukturelle Ausschlüsse, Hindernisse und Defizite in der Gesundheitsversorgung eine entscheidende Rolle, die von Entscheidungsträgern in unserer Gesellschaft leider viel zu häufig heruntergespielt, negiert oder bewusst ignoriert wird.
Die Entstehung unseres Vereins: Das Mainzer Modell
Dem Gründer und Vorsitzenden Prof. Gerhard Trabert ist es ein Anliegen gewesen, diesen Missstand in die Öffentlichkeit zu tragen und auch aktiv an einer besseren medizinischen Versorgung zu arbeiten.
Das „Mainzer Modell der gesundheitlichen Versorgung von wohnungslosen Menschen“ umfasst ambulante Sprechstunden innerhalb von Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und erreicht mit dem rollenden „Arztmobil“ Menschen, die von sich aus nicht in der Lage sind, Hilfseinrichtungen aufzusuchen.
Das sogenannte Mainzer Modell versucht durch ein einsprechendes niedrigschwellig angelegtes und interdisziplinär ausgerichtetes medizinisches Versorgungsangebot Lücken in unserem sozialen Netz zu schließen. Der Grundgedanke lautet: „Kommt der Patient nicht zum Arzt, muss der Arzt zum Patienten gehen.“
Das sogenannte Mainzer Modell versucht durch ein einsprechendes niedrigschwellig angelegtes und interdisziplinär ausgerichtetes medizinisches Versorgungsangebot Lücken in unserem sozialen Netz zu schließen. Der Grundgedanke lautet: „Kommt der Patient nicht zum Arzt, muss der Arzt zum Patienten gehen.“
Dr. Trabert hat als erster Arzt in der Bundesrepublik von der Kassenärztlichen Vereinigung eine Ermächtigung – speziell und ausschließlich als Wohnungslosenarzt – bekommen. So können entstandene Kosten mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der ARGE oder dem Sozialamt abgerechnet werden und zumindest ein Teil unserer Arbeit finanziert werden.
Seit Gründung des Vereins haben wir weitere Projekte ins Rollen gebracht:
Medizinische Ambulanz ohne Grenzen
Unsere „Medizinische Ambulanz ohne Grenzen“ bietet eine kostenfreie medizinische Behandlung für Menschen in prekären Lebenslagen. Zu den Patienten gehören zunehmend auch nicht wohnungslose, arme Menschen, die medizinische Beratung und Versorgung benötigen. Zum Beispiel geflüchtete oder papierlose Menschen sowie ehemals privat Versicherte, die sich die Beiträge nicht mehr leisten können. Ohne Krankenversicherung müssten diese Menschen jede Behandlung privat zahlen. Es kommen zunehmend aber auch Menschen in unsere Praxis, die sich die Zuzahlungen bei manch notwendiger Behandlung nicht leisten können (zum Beispiel in der Zahnmedizin).
Um auch diesen Menschen ein Hilfsangebot machen zu können, haben wir Räume auf der Zitadelle in Mainz bezogen. Neben unserer Vereins-Geschäftsstelle stehen hier Praxisräume zur Verfügung, die es möglich machen, fachärztliche Beratung und Behandlung anzubieten.
Ein Großteil der Arbeit in den medizinischen Sprechstunden ist nur durch das Engagement unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter möglich: aktuell sind es 36 Ärztinnen und Ärzte sowie 4 Krankenschwestern und eine Arzthelferin, die aktiv ehrenamtlich mithelfen.
Ein Großteil der Arbeit in den medizinischen Sprechstunden ist nur durch das Engagement unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter möglich: aktuell sind es 36 Ärztinnen und Ärzte sowie 4 Krankenschwestern und eine Arzthelferin, die aktiv ehrenamtlich mithelfen.
Die soziale Beratung
Die soziale Beratung beinhaltet, neben einer psychosozialen Hilfestellung, die Begleitung und Vorbereitung zur Rückkehr in das vorhandene Gesundheits- und Sozialleistungssystem (insbesondere Rückkehr in die Krankenversicherung).
Unsere Sozialarbeiterinnen beraten die PatientInnen über sozialrechtliche Aspekte und unterstützen bei der Kontaktaufnahme mit Behörden und der Antragstellung. Bei Bedarf werden sie an weitere Kooperationspartner vermittelt und auch bei Behördengängen begleitet.Wir verfolgen einen ressourcenorientierten Arbeitsansatz. Das bedeutet, dass den PatientInnen Mut zugesprochen, ihre Fähigkeiten benannt und gefördert und Respekt und Würde zurückgegeben werden. Während der Beratung müssen dabei unter anderem auch die Lebensverhältnisse (Wohnung, Einkommen, Aufenthaltsstatus, Arbeit, Krankenversicherung, Sucht, Beziehungen, Schulden) der Patienten ermittelt und das Vorgehen entsprechend angepasst werden. Mitunter sind auch emotionale Entlastungsgespräche notwendig, um eine Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Street Jumper
Mit unserem Street Jumper bieten wir Kindern und Jugendlichen in benachteiligten Wohngebieten in Mainz einen Raum für soziale Interaktionen und gesundheitliche Präventivmaßnahmen: gesunde Ernährung, Sport- und Spielmöglichkeiten, körpertherapeutische Angebote und immer ein offenes Ohr.
Herzstück des Angebots ist ein attraktiv gestaltetes Wohnmobil mit Sitzecke und Stauraum für Materialien. Die Schwerpunkte der Arbeit liegen in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Entspannung und Gesundheitsinformation. Die Ressourcen der Kinder und Jugendlichen (im Sinne der Förderung von „sozialem und kulturellem Kapital“) werden u.a. durch Spiel und Sport, Entspannungsangebote, Kochen, Backen, Essen, Reden, kreatives Gestalten positiv beeinflusst. So verbessern wir die Lebensqualität und fördern – im Sinne des Resilienz-Konzeptes – die Befähigung, schwierige Lebensumstände besser und gesünder zu bewältigen. Wir vermitteln gesundheitsförderliche Verhaltensweisen, fördern soziale Fähigkeiten und motivieren die Kinder und Jugendlichen, diese in ihren Alltag zu integrieren.
Herzstück des Angebots ist ein attraktiv gestaltetes Wohnmobil mit Sitzecke und Stauraum für Materialien. Die Schwerpunkte der Arbeit liegen in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Entspannung und Gesundheitsinformation.
Das Wohnmobil ist bietet auch bei schlechtem Wetter Platz für Gespräche und individuelle Beratung oder um sich mal zum Lesen zurückzuziehen. Zusätzlich können wir Räumlichkeiten der ansässigen Jugendhilfeeinrichtungen für unsere Angebote nutzen.
Der Street Jumper sucht seit 2008 regelmäßig Kinder und Jugendliche in benachteiligten Wohngebieten in Mainz auf. Aktuell fahren wir die Standorte Gustav-Mahler-Siedlung auf dem Lerchenberg, die Elsa-Brandström-Straße in Gonsenheim sowie den Layenhof zwischen Finthen und Wackernheim an. Seit 2015 besuchen wir außerdem die Unterkunft für Geflüchtete in der Zwerchallee und beziehen Kinder aus der Unterkunft auf dem Layenhof in unsere Angebote mit ein.
Snoezelen
Der Begriff „Snoezelen“ ist eine Verknüpfung der niederländischen Verben „sniffelen“ – für schnüffeln – und „doezelen“ – für dösen und beschreibt einen Weg zur Förderung der Gesundheitskompetenz bei Kindern und Jugendlichen.
Beim Snoezelen wird ein positives Selbstkonzept vermittelt: Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Wertschätzung und Empathie gegenüber andere Menschen und soziales Handeln. Es geht dabei hauptsächlich um eine Aktivierung, die auf sinnliche Wahrnehmung gerichtet ist. Die Reize werden durch Licht, Musik, Tastoberflächen, Geruch oder Geschmack ausgelöst. Alle fünf Sinne sollen dabei angesprochen werden. Auf diese Weise soll die Fähigkeit zum Entspannen entwickelt und Resilienz gefördert werden.
Der Snoezelenraum spielt hierbei eine wichtige Rolle: Er ist ein Entspannungsort, in dem Kinder und Jugendliche elementare Sinneserfahrungen machen können. Unser Snoezelenraum ist in der Goethe-Grundschule in der Mainzer Neustadt untergebracht. Das Angebot wird in Zusammenarbeit mit der Schule und komplementär zum Unterricht für die Schüler der Klassenstufen 1-4 erarbeitet. Das Snoezelen stellt somit eine fest verankerte Ergänzung des Lehrangebots dar und beschäftigt sich mit Fragen, die über den Standard-Lehrplan hinausgehen: Was macht unsere Kinder und Jugendliche stark? Was reduziert deren Verletzbarkeit?
Armut global – Auslandsprojekte
Armut ist ein globales Problem, deshalb setzen wir uns auch im Ausland ein:
Rumänien
Armut ist ein globales Problem. Deshalb setzen wir uns auch im Ausland ein.
Seit 1997 unterstützen wir eine Krankenstation und ein Altenheim in Brasov. Uns erreichen mitunter Spenden von medizinischem Material, Medikamenten, aber auch Hilfsmitteln aus dem Pflegebereich, die wir zwar in unserem Praxisbetrieb aktuell nicht verwenden können, dort aber dringend benötigt werden.
Kenia
Das Ziel der gemeinsamen Initiative mit Uhuru e.V. ist die Verbesserung der medizinischen Versorgung der Straßenkinder in der kenianischen Stadt Kisumu durch ein aufsuchendes Angebot, das grundlegende Behandlung und Gesundheitsbildung umfasst.
Die erste Phase des Projekts wurde im Frühjahr 2016 mit dem Erwerb des Fahrzeugs und dem Umbau zu einem Arztmobil („mobile clinic“) sowie der ersten Ausstattung mit Medikamenten abgeschlossen. Im April 2016 nahm eine medizinische Fachkraft („medical health worker“) die Arbeit mit den Straßenkindern auf. Nach der erfolgreichen Durchführung vertrauensbildender Maßnahmen, konnte mittlerweile mit der Behandlung begonnen werden: Aktuell sind 300 Straßenkinder untersucht worden, davon 50 Mädchen. Die Erkrankungen umfassen vor allem Malaria, sexuell übertragbare Erkrankungen, Magen-Darm-Infektionen und Infektionen der Atemwege (stand September 2016).
Syrienhilfe
Der jahrelange Bürgerkrieg in Syrien hat vor Ort eine humanitäre Katastrophe ausgelöst: um das Leid der Menschen in diesem Konflikt etwas zu mindern, hat A+G folgende Hilfsprojekte unternommen:
- Kilis, Türkei: finanzielle Unterstützung von geflüchteten syrischen Familien in Kilis in Zusammenarbeit mit der Organisation SpendaHilfe und politischer Einsatz für eine medizinische Behandlung in Deutschland.
- Aleppo, Syrien: Spende eines Krankenwagens in die Region Aleppo und Übergabe an ein Krankenhaus vor Ort. Leider ist dieser Krankenwagen im Verlauf des Jahres einem militärischen Angriff zum Opfer gefallen. Wir trauern um die Besatzung!
- Idlib, Syrien: Lieferung dringend benötigter medizinischer Geräte und Materialien (z.B. ein Dermatom zur Hauttransplantation) an unseren Kooperationspartner Dr. Mouheb Kaddor im Akra-bat Hospital in Idlib.
Spendenkonto
Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.
Mainzer Volksbank
Konto-Nummer: 191 90 18
BLZ: 551 900 00
IBAN: DE24 5519 0000 0001 9190 18
BIC: MVBMDE55