012015

Foto: digital cat: Mal- und Zeichenbedarf Schachinger - in München - Hackenviertel (CC BY 2.0), Bildausschnitt

Statements

Jürgen Wiebicke

Fett abbauen, nicht hungern!

futur2 ist die grammatikalische Form mit der eine Zukunft beschrieben wird, die bereits Wirklichkeit geworden ist. Von welcher Zukunft wollen Sie, dass Sie morgen einmal gewesen sein wird? Oder anders gefragt: Mal angenommen, in Zukunft würde sich Kirche und Gesellschaft so weiter entwickelt haben, wie Sie es sich wünschen, wie sähe das dann aus? Was wäre anders als heute?

Wir leben ja seit längerem mit chronischer Utopie-Armut, mit einem selbst auferlegten Bilderverbot, was kommende gute Zeiten betrifft.

Ich kenne niemanden, der diese Welt für gerecht hält. Erst recht kenne ich niemanden, der daran glaubt, dass sie morgen gerechter sein wird als heute. Wir fahren auf Sicht und wären schon froh, wenn wir irgendwie durchkommen und die herrschenden Krisen nicht weiter eskalieren.

Spricht man mit Jüngeren, begegnet man häufig einem noch viel deutlicheren Fatalismus. Jugendliche betrachten unsere Gesellschaft wie ein Haus, das längst fertig gebaut ist. Entscheidend ist für sie nur noch, ob sie in diesem Haus ein schönes Zimmer kriegen.

Gelingende Zukunft hieße für mich daher zuallererst, dass es jedem einzelnen möglich würde, endlich wieder Handlungsmacht zu spüren. Das Gefühl, dass es auf jeden einzelnen ankommt und die eigenen Taten etwas bewirken.

Gelingende Zukunft hieße für mich daher zuallererst, dass es jedem einzelnen möglich würde, endlich wieder Handlungsmacht zu spüren. Das Gefühl, dass es auf jeden einzelnen ankommt und die eigenen Taten etwas bewirken. Für die Verfassung unserer Demokratie, erst recht für die Lösung der globalen Probleme wie Klima und Hunger, ist dies von elementarer Bedeutung. Wir müssen wieder Bürger werden, die ihren Stolz daraus beziehen, dass sie sich mit ihrem Gemeinwesen identifizieren. Wir müssen runter von der Tribüne, um mit der Logik der Zuschauerdemokratie zu brechen.

Eine gute Hilfe könnte dabei die Radikalität des Denkens von Hannah Arendt sein. Sie hat fest daran geglaubt, dass man jederzeit einen neuen Anfang machen kann. Das fehlt uns momentan leider völlig.

Und die Kirchen? Sie sollten verstehen, dass künftig weniger zu haben in ihrem Fall bedeutet: Fett abbauen, nicht hungern.

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