012013

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

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Frank Reintgen

Buchrezension: Joas, Hans: Glaube als Option

Joas, Hans: Glaube als Option. Zukunftsmöglichkeiten des Christentums.

Unbestritten ist es wohl, dass sich die Rolle der Religion(en) in den modernen Gesellschaften stark verändert hat. Wie also ist es um den Status der Religion in unserer Gesellschaft bestellt? Zu diesem Thema sind in den vergangenen Jahrzehnten unterschiedliche Thesen aufgestellt worden.Die zunehmende Modernisierung werde dazu führen, so eine lange Zeit in der Diskussion vorherrschende These von der „Säkularisierung“ moderner Gesellschaften, dass Religion (und somit auch der christliche Glaube) mehr und mehr an Relevanz verliere. Zunehmende Modernisierung führe nahezu Zwangsläufig zum verschwinden der Religion(en).Nicht die Religiosität an sich nehme in der modernen Gesellschaft ab, so eine andere These, sondern angesichts der mit der Moderne verbundenen Privatisierung ziehe sich Religion und religiöse Praxis in das Private zurück. Andere beobachten eine Pluralisierung der Religion. Die Religion bzw. die Religiosität der Menschen suche sich neue Ausdrucksformen.Mit diesem Themenkomplex hat sich der Professor für Soziologie an der University of Chicago, Hans Joas, in seinem so eben erschienenem Buch „Glaube als Option“ auseinandergesetzt.Der These, dass Modernisierung notwendiger Weise zu Säkularisierung und Moralverfall und somit einer Abnahme christlichen Glaubens zur Folge hätte, widerspricht Joas entschieden. Dabei veranschaulicht er an historischen Beispielen, dass Modernisierung immer wieder auch zu einem Anwachsen bzw. zu einer Re-Vitalisierung von Religion geführt hat. Am Beispiel der USA verdeutlicht er, dass Religion auch in einem sehr modernen Staat eine herausragende Rolle spielen kann.Wesensmerkmal der heutigen Zeit ist für Joas, die Zunahme an Handlungsoptionen, die dem heutigen Menschen zur Verfügung stehen, und die sich daraus ergebenden Rückwirkungen und Rückkoppelungen. Dazu führt Joas den Begriff der „Kontingenz“ ein. Die Welt, wie sie ist und dem Menschen begegnet ist nicht notwendiger Weise so, wie sie ist. Sie ist das Produkt von konkreten Optionen, die einzelne Menschen getroffen haben. Kontingenz versteht Joas dabei als Möglichkeit in der Abgrenzung zu Zufälligkeit bzw. Notwendigkeit. Die Welt muss nicht so sein wie sie ist, sondern ist die Realisierung einer Option unter vielen möglichen anderen.In diesem Kontext wird Religion und damit auch konkret das Christentum zu einer Option unter vielen anderen. Diese Einsicht stellt an die Theologie insbesondere an den Absolutheitsanspruch des Christentums eine große Herausforderung dar. Kann ich andere (Glaubens-) Auffassungen als gleichberechtigte Option neben der christlichen gelten lassen.Joas nähert sich dem ganzen Thema primär als Soziologe (und nicht als christlicher Theologe). Er tut dies mit einem profunden historischem Wissen und ein einer hohen Kenntnis weltweiter Entwicklungen. So vermeidet er rein eurozentrische Perspektiven, die vielfach zu kurz greifen würden. Überhaupt fällt auf, wie es Joas gelingt, durch sprachliche Präzisierungen gängige Thesen und Deutungsmuster zu hinterfragen. Immer wieder weitet er das Thema und führt zu umfassenderen Erkenntnissen.Folgt man den Thesen Joas, dann kann angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen eine neue Gelassenheit heranwachsen. Religion und somit auch der christliche Glauben, können auch heute in noch so modernen Gesellschaften als eine (!) Option ihren sinnvollen Raum haben. Die Moderne ist keine Bedrohung für Glauben und Christentum und muss aus christlicher Perspektive nicht bekämpft werden. Im Gegenteil, (Post-)Moderne und Glaube können sich gegenseitig befruchten und bereichern.Zukunftsfähigkeit des Christentums, so Joas, hängt am Ende nicht und nicht zuletzt auch an der Glaubwürdigkeit derer, die die Option des biblisch-christlichen Glaubens konkret leben. Wo Christinnen und Christen ihren Glauben lebendig leben, da wird er als mögliche Option auch für andere Zeitgenossen attraktiv. In der Tat, da haben wir Christen in Europa Nachholbedarf!

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