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Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Buchrezension: Stelzer, Marius: Wie lernen Seelsorger?

Stelzer, Marius. 2014. Wie lernen Seelsorger? Milieuspezifische Weiterbildung als strategisches Instrument kirchlicher Personalentwicklung. Angewandte Pastoralforschung 01. Würzburg. Echter-Verlag.

Der Anspruch des „Zentrums für angewandte Pastoralforschung“ (=ZAP) in Bochum ist groß. Das interdisziplinär aufgestellte Forscherteam will Planungswissen von kirchlichen Entscheidern mit dem Reflexionswissen von Forschern koppeln. So soll Know-How generiert werden, mit dem zukunftsfähige, innovative, attraktive und ambitionierte Entwicklungsmöglichkeiten für Kirche in den aktuell anstehenden (strategischen) Entscheidungen erschlossen werden. Das ZAP plant in Kooperation mit dem Echter Verlag die Herausgabe einer eigenen Reihe „Angewandte Pastoralforschung“. In dieser Reihe sollen zukünftig wichtige Forschungsergebnisse publiziert werden.

Der erste Band der neuen Reihe liegt nun vor. Er trägt den Titel  „Wie lernen Seelsorger? Milieuspezifische Weiterbildung als strategisches Instrument kirchlicher  Personalentwicklung“. Marius Stelzer Pastoralreferent in der Personalabteilung im Bistum Münster hat hier mit wenigen Änderungen und Aktualisierungen seine Dissertation veröffentlicht, die im Sommersemester 2013 an der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster angenommen wurde.

Grundlage für Stelzers Arbeit bildet eine ausführliche, repräsentative Befragung von Priester, Diakone, Pastoralreferentinnen und  Pastoralreferenten zum Thema berufliche Weiterbildung, die er 2011 im Bistum Münster durchgeführt hat. In seiner Arbeit stellt er die Untersuchungsergebnisse vor, wertet sie aus und erarbeitet daraus perspektivische Konsequenzen für die Aus- und Weiterbildung pastoraler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Arbeit umfasst drei Teile. In einem ersten Teil führt er in für seine Arbeit relevante theoretische Grundlagendiskussionen ein. Zur Sprache kommt hier der Wandel der religiösen Praxis und die damit verbundenen Herausforderungen für die Berufe der Kirche.  Vorgestellt werden hier auch verschiedene religionssoziologische Studien und Ergebnisse der Lebensstil-und Adressatenforschung. Hieraus werden Herausforderungen für die Weiterbildung von Seelsorgern entwickelt, die als Grundlage für das Design der Umfrage und die konkreten Fragen im Fragebogen dienten.

Der zweite Teil  widmet sich der empirischen Datenanalyse. Zunächst werden hier Hinweise zur Analysemethode und zum Untersuchungsdesign gegeben. Daraufhin erfolgt eine ausführliche Analyse der erhobenen Daten. Untersucht wird z.B. der Zusammenhang von Sozialen Milieus und pastoralen Berufsgruppen sowie der Zusammenhang von Sozialen Milieus und kirchlichem Amtsverständnis innerhalb des Seelsorgepersonals. Untersucht werden Faktoren die das Weiterbildungsverhalten der pastoralen Dienste beeinflussen. Anhand der gefundenen Weiterbildungsprofile wird eine Typologie entwickelt. Weiterbildungsbarrieren bei den Pastoralen Mitarbeitern werden ebenso identifiziert wie Lerninteressen und mögliche Weiterbildungsthemen.

Im dritten Teil werden die Ergebnisse differenziert diskutiert und mögliche Konsequenzen aus den Untersuchungsergebnissen herausgearbeitet. Dieser Teil lässt sich als konkrete Empfehlung an die Verantwortlichen für Personalentwicklung bzw. Weiterbildung im Bistum Münster (aber auch darüber hinaus) lesen. Auch wenn die Untersuchung im Bistum Münster durchgeführt wurde, ahnt man dass eine ähnliche Untersuchung in anderen Bistümern zu ähnlichen Erkenntnissen kommen würde.

Die erste Publikation der neuen ZAP-Reihe ist gelungen und sehr lesenswerte. Stelzer hat mit seiner Untersuchung wichtige Grundlagenarbeit geleistet. Eine Menge Fragen stehen im Raum, die folgende Untersuchungen aufgreifen können. Stelzers Arbeit ist eines der (leider viel zu seltenen) Beispiele, die zeigen, welche praktische Relevanz das Arbeiten und Umgehen mit den Milieustudien haben kann. Verantwortliche in den Bistümern finden hier viele Anregungen und wertvolle Anstöße für eine notwendige weitere Profilierung der Aus- und Weiterbildung der Pastoralen Dienste. Hier können und müssen wichtige Richtungsentscheidungen getroffen werden.

So wichtig im Rahmen der empirischen Forschung die wissenschaftliche Absicherung des Forschungsdesigns auch im Rahmen einer Dissertation ist, für viele Leser wird gerade das den Zugang zu dieser Arbeit erschweren. Man wünscht sich eine populärwissenschaftliche Folgepublikation, die die wichtigsten Untersuchungsergebnisse und Thesen bündelt. Das würde vielen eine einfachere Rezeption der durchaus brisanten Ergebnisse ermöglichen.

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