012025

Editorial

Tobias Kläden

Editorial

Wie steht es um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft? Viele Menschen machen sich Sorgen darum und nehmen immer mehr an Hass und Streit wahr, die durch Krisenerfahrungen befeuert werden. Politische und gesellschaftliche Lager verhärten sich, Dialoge werden schwieriger, Argumente dringen immer weniger durch. In social media lassen sich Blasen und Echokammern beobachten, man spricht von zunehmender, sich verstärkender Polarisierung oder sogar von Spaltungstendenzen.

Relativiert wird dieser Eindruck von einer stark gespaltenen Gesellschaft jedoch durch soziologische Studien wie z. B. den „Triggerpunkten“ von Steffen Mau et al. Danach gibt es in Deutschland zu vielen Fragen wie etwa zum Klimawandel, zu sexueller Identität oder sozialer Ungleichheit in der großen gesellschaftlichen Mitte einen grundsätzlichen Konsens, aber die gesellschaftlichen Ränder werden immer lauter und sind in der Öffentlichkeit überrepräsentiert, so dass der Eindruck einer Spaltung entsteht. Triggerworte wie Gendersternchen, Tempolimit oder Lastenfahrrad sorgen für viele Emotionen, und diese Reizthemen werden eingesetzt, um daraus politisches Kapital zu schlagen.

In den USA ist die Situation bereits weiter fortgeschritten: Dort erleben wir derzeit tatsächlich eine stark gespaltene Gesellschaft. Die politischen Folgen sind desaströs: Die extremen Positionen der Trump-Administration führen zu einem Umbau der Demokratie zu einem autokratischen System, den wir gerade in Echtzeit beobachten können. Und da viele Trends in den USA mit einer gewissen Zeitverzögerung auch zu uns nach Europa hinüberschwappen: Ist vielleicht zu befürchten, dass es auch bei uns dazu kommt, dass aus einer gefühlten eine reale Polarisierung wird, dass nicht nur der Eindruck einer gespaltenen Gesellschaft entsteht, sondern sich die Gesellschaft tatsächlich spaltet?

In dieser Ausgabe der futur2 geht es weniger um eine Diagnose, wie weit unsere Gesellschaft polarisiert ist, sondern vielmehr darum, welche Gesellschaftsmodelle in Zukunft ein gelingendes Zusammenleben ermöglichen und zur Lösung der gegenwärtigen und zukünftigen Problemlagen beitragen. In der Redaktion ging es uns dabei nicht darum, potenziell das ganze Spektrum von (basis-)demokratischen bis hin zu autokratischen oder gar totalitären Ansätzen abzubilden. Eine Voraussetzung war uns wichtig, nämlich dass die gewählten Ansätze nicht auf Kosten einzelner oder bestimmter Gruppen gehen.

In den Texten dieser Ausgabe werden weniger Entwürfe „mit großer Geste“ skizziert, sondern viele konkrete Impulse geliefert, die zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beitragen können. Sie rufen dazu auf mitzumachen, sich an der Demokratie zu beteiligen und die Zivilgesellschaft zu stärken.

Wir wünschen Ihnen viele Anregungen aus der Lektüre!

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