022011

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Buchrezension: Sellmann, Matthias: Katholische Kirche in den USA

Sellmann, Matthias: Katholische Kirche in den USA. Was wir von ihr lernen können.

Eine Konferenz in Berlin bildete 2004 den Startschuss zu dem Projekt CrossingOver, das sich die Förderung des Dialogs über Katholizismus und Gemeindeleben in den USA und Deutschland auf die Fahnen geschrieben hat. Dieses Projekt hat mittlerweile eine hohe Aufmerksamkeit bekommen. Es ist angesiedelt am Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit (Prof. Wilhelm Damberg) der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Ruhr-Universität Bochum. Ziel des von Dr. Karl Albrecht privat finanzierten Projektes ist eine Zufuhr an Inspiration und an Innovation für die Kirchenentwicklung in Deutschland.

Drei Säulen bilden das Gerüst der Projektarchitektur:

  1. Seelsorgerinnen und Seelsorgern wird die Möglichkeit eines vier bis sechswöchigen Aufenthaltes im Erzbistum Chicago geboten.
  2. Förderung von Leuchtturmprojekten, die in den USA gesammelten Erfahrungen in die pastorale Praxis in Deutschland transferieren.
  3. Die wissenschaftliche Begleitung des Projektes verzahnt Theorie und Praxis und versucht Lerngewinn durch praktischen Wissenstransfer zu realisieren (bottom-up Projektarchitektur)

Matthias Sellmann hat nun ein kleines Bändchen mit Reportagen herausgegeben, die seine Erfahrungen und Einblicke während eines Besuchs im Bistums Chicago, dem Partnerbistum des CrossingOver-Projektes, widerspiegeln.

Sellmann möchte Geschichten erzählen, in denen etwas von der amerikanischen pastoralen Wirklichkeit deutlich wird. Es geht ihm primär um stories und weniger um wissenschaftliche Argumentation. Er möchte erzählen was in Amerika funktioniert und damit einladen in einen Reflexionsprozess darüber einzutreten, ob und wie die amerikanischen Erfahrungen für den pastoralen Alltag in Deutschland fruchtbar gemacht werden können.

Das Buch lässt sich in drei Teile gliedern. In einem ersten Teil erhält der Leser knappe Informationen über den US-amerikanischen Katholizismus. Dabei wird unter dem Stichwort Pragmatismus nicht zuletzt auch der typsiche Umgang mit Problemen in den USA beschrieben: Gut ist, was funktioniert. Problem werden angepackt und ergebnisorientiert gelöst.

Im zentralen zweiten Teil des Buches erzählt Sellmann, fast anekdotenhaft, Begebenheiten seines USA Aufenthaltes, immer fokussiert auf die Frage, wie Pastoral in den USA organisiert ist. Gerade dieses Kapitel ist von Sellmann bewusst in einem leicht lesbaren und und lockeren Stil geschrieben. Erzählt wird von markanten Persönlichkeiten, von Pastoralen Entwicklungsprojekten, und von Strukturen, die Entwicklung in den Pastoralteams und den Gemeinden unterstützen und fördern. In den Berichten Sellmanns wird deutlich, wie die US-amerikanische Kirche Methoden, Tools und Werkzeuge des modernen Managements nutzt und aufgreift.Sehr selbstverständlich setzt sie dies strategisch ein, um Pastoral so zu optimieren, dass sie von noch mehr Menschen als hilfreich erlebt wird.

Ein Interview mit dem Amerika-Kenner Prof. Dr. Hans Joas bildet den abschließenden dritten Teil des Buches. Hier kommen nochmal die Besonderheiten US-amerikanischen Kirche im Unterschied zur Deutschen Wirklichkeit zur Sprache.

Die Lektüre des Buches ist auf jeden Fall empfehlenswert. Es öffnet den Blick über die deutsche Kirchenwirklichkeit hinaus auf eine weltkirchliche Perspektive hin. Das weitet das eigene Denken und lässt Raum für neue Lösungsstrategien, die die Pastoral in Deutschland dringend braucht. Das Projekt CrossingOver könnte ein(!) möglicher Weg sein, der Pastoraltheologie in Deutschland neue Impulse zu geben und wieder neu zu einer praktischen Relevanz im pastoralen Alltag zu verhelfen.

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