012012

Foto: Schub@: take a seat, read a book (CC BY-NC-SA 2.0)

Service & Dialog

Frank Reintgen

Buchrezension: Hilberath, Bernd Jochen ; Kohl, Johannes ; Nikolay, Jürgen (Hg.): Grenzgänge sind Entdeckungsreisen

Hilberath, Bernd Jochen ; Kohl, Johannes ; Nikolay, Jürgen (Hg.): Grenzgänge sind Entdeckungsreisen. Lebensraumorientierte Seelsorge und Kommunikative Theologie im Dialog: Projekte und Reflexion.

Das klingt spannend: Experten der Praxis treffen auf Experten der Wissenschaft und treten miteinander in einen Dialog ein, konkret geht es auf der Seite der Praktiker um Mitarbeiter aus dem Umfeld der Lebensraumorientierten Seelsorge (LOS), die im Bistum Mainz verankert ist, und auf Seiten die Wissenschaftler um die Begründer der Kommunikativen Theologie, die im Umfeld des Lehrstuhls für Dogmatik an der Universität Tübingen.

Beiden Ansätzen verdankt die (Praktische) Theologie wesentliche Impulse. Im Bistum Mainz hat man mit dem Projekt LOS besonders profiliert versucht, neue Ansätze in der Pastoral zu gehen. Mit Projekten, deren Ausgangspunkt der „Lebensraum“ der Menschen darstellte, wird hierbei versucht, die klassische und im Wesentlichen volkskirchlich geprägte Gemeindepastoral um neue pastoral Ansätze zu ergänzen. Die Sinus Milieu-Studie bildet hierbei eine wichtige Hintergrundfolie. Die Projekte sollen helfen, Zielgruppen in den Blick zu nehmen, zu denen der kirchliche Kontakt nahezu abgerissen ist. Anliegen der LOS ist es, dass die Kirche Lebens- und Erlebnisstile ihrer Adressaten ernst nimmt, für Suchende und Interessierte differenzierte Angebote zu schaffen und ist bestrebt Ehrenamtliche zu motivieren und zu gewinnen, die sich als Fachleute aller Art einbinden lassen und mitgestalten. Die von der LOS initiierten Projekte zielen also auf Menschen, die nicht im Blick herkömmlichen pastoralen Engagements sind.

Dass in diesen Projekten neue Formen von Vernetzung und von kirchlicher Kommunikation entstehen, liegt auf der Hand. Und genau hier liegt der Berührungspunkt mit der Kommunikativen Theologie. Vor allem der Tübinger Dogmatiker Bernd Jochen Hilberath entwickelte diese Theologie in der Auseinandersetzung mit dem kommunikativen Defizit der Kirche. Die von Ruth Cohn entwickelte Themenzentrierte Interaktion (=TZI) lieferte dabei wesentliche Impulse. Theologie wird hierbei als Prozess verstanden, der im Zusammenspiel von Glaubenssuche, Glaubenserfahrung und wissenschaftlicher Theologie stattfindet. Theologie wird also verstanden als kommunikatives Geschehen. Theologie, so eine der Thesen der Kommunikativen Theologie, entsteht immer wieder neu in der Auseinandersetzung mit der konkreten Geschichte im Dreischritt von „sehen, urteilen, handeln“.

Aus dieser inhaltlichen Nähe zwischen LOS und Kommunikativer Theologie entstand die Idee zu einem gemeinsamen (Buch-) Projekt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Kontext der LOS treten in einen Dialog mit Vertretern der Kommunikativen Theologie ein. Und es lohnt sich, das Buch in die Hand zu nehmen, in dem dieser Dialog nach gezeichnet und aufbereitet wurde!

Methodisch fand der Dialog nicht Face-to-face in Workshops o.ä. statt, sondern wurde per E-Mail-Austausch realisiert. Jeweils ein Mitarbeiter/ eine Mitarbeiterin aus einem konkreten LOS-Projekt trat in Kontakt mit jeweils einem Theologen/ einer Theologin aus dem Umfeld der Kommunikativen Theologie. Die LOS Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen stellten zunächst das konkrete LOS-Projekt vor, an dem sie beteiligt waren. Hieraus entspann sich ein Austausch mit den Theologen/ Theologinnen. Dabei ist nicht nur die eigentliche inhaltliche Auseinandersetzung bzw. die Darstellung der konkreten Projekte lesenswert (Beschrieben und dargestellt werden acht Projekte). Auch die Art und Weise nach zu vollziehen, wie hier nachgefragt und hinterfragt wird, wie versucht wird miteinander in einen Dialog zu treten, ist interessant und lohnenswert.

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