012025

Foto: Josue Michel/Unsplash

Statements

Wolfgang Schmitz

Für meine Enkelkinder

Ihr Lieben,

Euer Opa ist jetzt 77 Jahre alt. Vielleicht auch aus eurer Sicht schon uralt, wer weiß. Aber vielleicht interessiert es euch wenigstens ein bisschen, was der alte Mann euch sagen will.

Als ich geboren wurde, war der letzte große Krieg gerade drei Jahre vorbei. Ich erinnere mich an viele kaputte Häuser. Und wenn gerade mal kein Erwachsener in der Nähe war, machten wir die Trümmer zu unserem Spielplatz. Richtige Spielplätze, so wie Ihr sie kennt, gab’s nicht in der Nähe. Und dann? Dann fing ein Leben an, ohne große Sorgen. Opa und Oma hatten Zeit für uns Kinder, unsere Eltern gingen beide arbeiten. Nicht den ganzen Tag, aber ein paar Stunden waren sie weg. Wir hatten genug zu essen, Oma und Opa hatten einen wunderbaren Garten, wo wir uns austoben konnten. Hühner hatten sie auch, die durften wir füttern. Und dann kamen für mich und für viele, die in meinem Alter sind, viele Jahre ohne große Sorgen. Schöne Wohnung, Ferien meistens in Holland, Geburtstage mit tollen Geschenken, Freunde. Und so ging das weiter.

Irgendwann war ich erwachsen, hatte Arbeit und Familie. Und natürlich meine wunderbaren Kinder und später euch, die Enkelkinder. Nicht nur uns, vielen Menschen ging es gut. Wenn es auf der Erde Krieg gab, war das immer weit weg. Alles in allem eine schöne Zeit, für die ich sehr dankbar bin.

Was ist heute davon noch übrig? Wenig befürchte ich. Viele Menschen haben Not. Nicht genug Geld zum Leben, keinen Platz im Kindergarten, Wohnungen zu teuer, viele sind sauer und böse, dass Menschen aus ärmeren Ländern oder aus Kriegsgebieten zu uns kommen, wo sie in Sicherheit leben und überleben können. Das Vertrauen in die Politiker, die unser Land regieren, bröckelt heftig. Ratlosigkeit und Angst, dass es immer schlimmer kommen könnte, nehmen zu.

So werdet ihr starke Kinder. Und vielleicht Vorbild für die Erwachsenen. Die haben es dringend nötig

Was macht das mit uns? Und was kann man tun, damit es besser wird, damit ihr in einer friedlicheren, bunten, gesunden Welt ohne ständige Sorgen erwachsen werden könnt? Schön wär’s, wenn es dafür ein gutes Rezept gäbe. Gibt’s aber nicht. Kann man also nix tun? Und ihr als Kinder sowieso nicht? Ein bisschen schon, glaube ich, geht auch in eurer Kinderwelt.

In der KiTa und in der Schule nicht immer die ärgern, die schwächer sind oder nicht so schlau. Nach Freundinnen und Freunden suchen, mit denen gemeinsame Zeit Spaß macht. Die dürfen auch ’ne andere Hautfarbe haben. Nicht neidisch werden, wenn andere mit einem teureren Fahrrad unterwegs sind als Ihr. Nicht so viel meckern: Das Essen schmeckt nicht, die blöden Hausaufgaben, ich will aber jetzt fernsehen und nicht ins Bett, warum darf ich keine Süßigkeiten. Zuhören, wenn andere was erzählen wollen, auch den Eltern. Und sogar den LehrerInnen oder ErzieherInnen. So werdet ihr starke Kinder. Und vielleicht Vorbild für die Erwachsenen. Die haben es dringend nötig: In der Politik muss dafür gesorgt werden, dass alle eine Chance auf ein gutes, friedliches Leben haben: Arme und Reiche, Alte und Junge, Einheimische und Zugewanderte, Erwachsene und Kinder. Viele PolitikerInnen aus den verschiedensten Parteien versprechen das. Eure Eltern müssen genau hinschauen, wem sie vertrauen können und wollen. Denn es geht nicht nur um ihr Leben, sondern auch darum, dass ihr eine gute Zukunft habt.

futur2 möglich machen

Hinter der futur2 steht ein Verein, in dem alle ehrenamtlich arbeiten.

Für nur 20 € pro Jahr machen Sie als Mitglied nicht nur die futur2 möglich, sondern werden auch Teil eines Netzwerks von Leuten, die an der Entwicklung von Kirche und Gesellschaft arbeiten.

» MEHR ERFAHREN